Die Hans und Ilse Breuer-Stiftung vergibt seit 2020 den Publikationspreis an exzellente Nachwuchsforscher (Doktorand oder Post-Doktorand) des Deutschen Zentrums für Neurodegenerative Erkrankungen (DZNE).
In 2023 wird das beste Paper mit 5.000 EUR ausgezeichnet, das der Verfasser privat verwenden darf. Die Zweit- bis Fünftplatzierten erhalten 4.000 EUR, 3.000 EUR, 2.000 EUR bzw. 1.000 EUR.
Preisträger
Hier erfahren Sie, welche herausragenden Publikationen die Hans und Ilse Breuer-Stiftung ausgezeichnet hat. Neben Informationen zum Preisträger finden Sie auch eine Kurzbeschreibung der jeweiligen Publikation.
Publikationstitel
„Reaktivierte endogene Retroviren fördern die Ausbreitung von Proteinaggregaten“
in: Nat Commun. 2023 Aug 18; 14(1):5034. doi: 10.1038/s41467-023-40632-z. PMID: 37596282
Beschreibung der Publikation
Unsere jüngste Studie zeigt einen möglichen Zusammenhang zwischen der Reaktivierung endogener Retroviren (ERVs) und dem Fortschreiten neurodegenerativer Erkrankungen wie der Alzheimer-Krankheit. ERVs sind Überbleibsel alter Virusinfektionen, die in unsere DNA eingebettet sind und normalerweise inaktiv sind, aber bei neurodegenerativen Krankheiten reaktiviert werden. Unsere Forschung zeigt, dass ERVs, sobald sie reaktiviert sind, die Ausbreitung von Proteinaggregaten, wie z. B. Tau, zwischen den Zellen fördern und so das Fortschreiten der Krankheit beschleunigen.
Die Ausbreitung von Proteinaggregaten folgt einem prionenähnlichen Mechanismus, bei dem kleine Keime falsch gefalteter Proteine zwischen den Zellen übertragen werden, was zu einer weiteren Fehlfaltung führt und zur Degeneration bei Alzheimer beiträgt. ERVs verstärken diesen Prozess durch virale Hüllproteine, die direkte Zell-Zell-Interaktionen sowie die Aufnahme und zytosolische Freisetzung schädlicher Proteinaggregate fördern. Interessanterweise dienen extrazelluläre Vesikel (Bläschen), die mit viralen Hüllproteinen dekoriert sind, als Vehikel für die interzelluläre Übertragung von Proteinaggregaten, was die Ausbreitung toxischer Proteinfehlfaltungen verschlimmert. Unsere Ergebnisse deuten darauf
Publikationstitel
„MRI or 18F-FDG PET for Brain Age Gap Estimation: Links to Cognition, Pathology, and Alzheimer Disease Progression“,
in: THE JOURNAL OF NUCLEAR MEDICINE, Vol. 65, No. 1 January 2024
Beschreibung der Publikation
Die Alterung des Gehirns ist durch die Anhäufung schädlicher biologischer Veränderungen gekennzeichnet, was sie sehr anfällig für inter-individuelle Unterschiede macht. Patienten mit Alzheimer-Krankheit (AD) weisen im Vergleich zu gesunden älteren Menschen eine ausgeprägtere Verschlechterung der Gehirnintegrität auf, was auf eine Beschleunigung des Alterungsprozesses des Gehirns hindeutet. Daher kann die Differenz zwischen dem Hirnalter und dem chronologischen (Pass-)Alter – die so genannte Hirnalterslücke (BAG) – wertvolle Erkenntnisse über die Gesundheit des Gehirns liefern; und verschiedene Arten der BAG (z. B. strukturell oder funktionell) könnten möglicherweise verschiedene Aspekte des Alzheimer-Risikos widerspiegeln. In dieser Studie wurde das Hirnalter geschätzt, indem Algorithmen des maschinellen Lernens trainiert wurden, um das chronologische Alter aus 18F-FDG-PET- (metabolisch) oder T1-gewichteten MRT-Scans (strukturell) zu schätzen, mit dem Ziel zu ermitteln, welche AD-Prozesse durch metabolische oder strukturelle BAGs vermittelt werden. Die Ergebnisse zeigten, dass die metabolische BAG ein empfindlicher Marker für frühe kognitive Veränderungen ist, noch bevor eine messbare kognitive Beeinträchtigung auftritt, d. h. bereits bei Personen mit nur subjektivem kognitivem Abbau. Die strukturelle BAG hingegen spiegelte zuverlässig die Beta-Amyloid-Konzentration – eines der charakteristischen Merkmale der Alzheimer-Krankheit – sowie objektive kognitive Beeinträchtigungen wider und sagte das bevorstehende Fortschreiten einer Demenz voraus. Folglich erweist sich insbesondere die strukturelle BAG als vielversprechender Marker für die Verfolgung des Fortschreitens der Alzheimer-Krankheit und könnte für die Bewertung der therapeutischen Wirkung neuer krankheitsmodifizierender Behandlungen von Nutzen sein.
Publikationstitel
„Peripheral expression of brain-penetrant progranulin rescues pathologies in mouse models of frontotemporal lobar degeneration“
in: Science Translation Magazine Vol. 16, June 05, 2024
Beschreibung der Publikation
In unserer aktuellen Studie haben wir einen neuen Ansatz zur Behandlung der
Frontotemporalen Demenz (FTD) entwickelt, einer Gehirnerkrankung, die zu
Gedächtnisverlust und Verhaltensänderungen führt. Eine der Hauptursachen für FTD ist ein
Mangel an einem Protein namens Progranulin, das die Gehirnzellen schützt. Fehlt dieses
Protein, sammeln sich schädliche Substanzen im Gehirn an, was zu Entzündungen und dem
Absterben von Zellen führt.
Um dieses Problem zu lösen, haben wir einen speziell entwickelten Virus verwendet, um
Progranulin im Körper zu verabreichen. Das Besondere an unserer Methode ist, dass sie die
Blut-Hirn-Schranke überwinden kann – die natürliche Barriere, die die meisten Behandlungen
daran hindert, das Gehirn zu erreichen. Sobald sich der Virus im Körper befindet, bringen die
Leberzellen Progranulin hervor, welches dann ins Gehirn gelangt um die nötige Menge wieder
zu erreichen was dabei hilft, dass die schädlichen Substanzen sich nicht mehr ansammeln, die
die Krankheit verursachen.
Wir haben diese Behandlung an Mäusen getestet, und die Ergebnisse waren vielversprechend:
Die Gehirnentzündung nahm ab und die schädliche Proteinansammlung wurde reduziert.
Darüber hinaus haben wir die Therapie an menschlichen Gehirnzellen getestet die die Krankheit
nachahmen und die aus Stammzellen gewonnen wurden. Auch diese Experimente zeigten
ähnliche positive Effekte, was den Behandlungsansatz noch relevanter für den zukünftigen
Einsatz beim Menschen macht.
Zusammenfassend bietet diese Studie Hoffnung auf eine neue Methode zur Behandlung von
FTD und möglicherweise in Zukunft auch anderer Gehirnerkrankungen. Unser Ansatz könnte
es einfacher machen, Behandlungen ins Gehirn zu bringen, ohne invasive Verfahren
anzuwenden
Publikationstitel
„What influences life expectancy in people with dementia? Social support as an emerging protective factor“
in: Age and Ageing 53, afae044 (online first). doi: 10.1093/ageing/afae044
Beschreibung der Publikation
Lange dachte man, dass die Lebenserwartung von Menschen mit Demenz in erster Linie von der Schwere der Demenz und von Begleiterkrankungen abhängt. Die COVID-19-Pandemie hat ein Schlaglicht darauf geworfen, wie wichtig Sozialkontakt und soziale Unterstützung für Menschen mit Demenz sind – und dass sie den Symptomverlauf der Demenz günstig beziehungsweise bei deren Fehlen ungünstig beeinflussen können. In dieser Studie nutzten wir Daten von 500 Menschen mit Demenz, die über einen Zeitraum von bis zu acht Jahren regelmäßig in der Häuslichkeit besucht wurden. Wir untersuchten, wie sich soziale Unterstützung auf die Lebenserwartung auswirkt. Wir zeigen erstmalig, dass die Unterstützung aus dem sozialen Umfeld die Lebenserwartung von Menschen mit Demenz beeinflusst – und zwar über klinische Faktoren hinaus. Menschen, die angeben, besser sozial unterstützt zu werden, haben in unserer Studie eine um ein Jahr höhere Lebenserwartung. Besonders wichtig war dabei nicht die praktische, sondern vielmehr die emotionale Unterstützung – also z. B. ob jemand Trost spendet, zuhört und die Person mit Demenz so akzeptiert, wie sie ist. Neben der sozialen Unterstützung waren ein jüngeres Alter, ein weibliches Geschlecht und eine geringere Demenzschwere (kognitive und Alltagsfunktion) mit einer höheren Lebenserwartung assoziiert. Unsere Studie leistet einen wichtigen Beitrag, um die Versorgung von Menschen mit Demenz zukünftig zu verbessern: Sie zeigt, dass nicht nur die körperlichen und medizinischen, sondern auch die psychosozialen Bedarfe von Menschen mit Demenz stärker beachtet werden müssen.
Publikationstitel
„Data-driven brain atrophy staging in spinocerebellar ataxia type 3“
in: medRxiv. https://doi.org/10.1101/2024.05.29.24307992
Beschreibung der Publikation
Die Alzheimer-Krankheit ist sehr heterogen, und frühere Studien haben erhebliche Zusammenhänge zwischen ihrer klinischen und biologischen Variabilität aufgezeigt. Es bleibt jedoch unklar, ob diese Heterogenität in einer Gedächtnisklinik mit routinemäßig erhobenen Patientendaten effektiv erfasst werden kann, um genauere Diagnosen und Prognosen zu ermöglichen.
Mit Hilfe der strukturellen MRT von insgesamt 1592 älteren Erwachsenen, die an zwei groß angelegten, auf Gedächtniskliniken basierenden Kohorten teilnahmen, identifizierten Baumeister und Kollegen zwei unterschiedliche Muster der Hirnatrophie. Auf der Grundlage dieser Befunde schlagen sie ein Modell vor, mit dem Personen nach ihrem Atrophie-Subtyp klassifiziert werden können – entweder „limbisch-dominant“ oder „Hippocampus-sparend“ – und dem Atrophiestadium, das als numerischer Wert von 0 bis 10 dargestellt wird, aus einem einzigen Hirnscan klassifizieren kann.
Diese Klassifizierungen stehen im Zusammenhang mit dem klinischen Erscheinungsbild der Patienten zum Zeitpunkt des Scans. So wurde beispielsweise der limbisch dominante Subtyp mit kognitiven Beeinträchtigungen in Verbindung gebracht, die in erster Linie das Gedächtnis betrafen, während der hippocampus-sparende Subtyp mit allgemeineren kognitiven Beeinträchtigungen verbunden war, einschließlich Defiziten bei der Aufmerksamkeit und der Verarbeitungsgeschwindigkeit. Die Atrophie-Klassifizierungen waren auch prädiktiv für die klinische Entwicklung der Patienten über einen Nachbeobachtungszeitraum von mehr als vier Jahren. Hier waren insbesondere der limbisch-predominante Atrophie-Subtyp und höhere Atrophiestadien starke Prädiktoren für abnehmende kognitive Funktionen. Wichtig ist, dass diese Vorhersagen auch für ältere Erwachsene ohne manifeste kognitive Beeinträchtigung gemacht werden konnten, was angesichts der jüngsten pharmazeutischen Fortschritte von entscheidender Bedeutung für ein frühzeitiges Eingreifen ist.
Angesichts dieser Ergebnisse ist das vorgeschlagene Modell sehr vielversprechend, um den Nutzen der strukturellen MRT in einer Vielzahl von Kontexten zu erhöhen, von der klinischen Routinepraxis bis hin zu komplexen Arzneimittelprüfungen.
Publikationstitel
„Medin co-aggregates with vascular amyloid-? in Alzheimer’s disease“
in: Nature, Dezember 2022
Publikationstitel
„Impact of low-value medications on quality of life, hospitalization and costs – A longitudinal analysis of patients living with dementia“
in: Alzheimer’s & Dementia (2023; 1-12)
Publikationstitel
„Long-term diazepam treatment enhances microglial spine engulfment and impairs cognitive performance via the mitochondrial 18kDa translocator protein (TSPO)“
in: NATURE NEUROSCIENCE, March 2022, 317 -329
Publikationstitel
„Feasibility of a standard cognitive assessment in European academic memory clinics“
in: Alzheimer’s & Dementia (2022; 1-11)
Publikationstitel
„Sirtuin-1 sensitive lysine-136 acetylation drives phase separation and pathological aggregation of TDP-43“
in: NATURE COMMUNICATIONS (2022); 13
Publikationstitel
„Microglial activation states drive glucose uptake and FDG-PET alterations in neurodegenerative diseases“
in: Science Translational Medicine 13, eabe5640, 13. Oktober, 2021
Publikationstitel
„Highly efficient intercellular spreading of protein misfolding mediated by viral ligand-receptor interactions“
in: Nature Communications, (2021)12:5739, 19. Oktober, 2021
Publikationstitel
„Microglia jointly degrade fibrillar alpha-synuclein cargo by distribution through tunneling nanotubes“
in: CellPress 2021, Cell 184, 5089–5106, 30. September, 2021
Publikationstitel
„Medin aggregation causes cerebrovascular dysfunction in aging wild-type mice“
in: PNAS, 22. September, 2020, vol. 117, no. 38, 23925-23931
Publikationstitel
„RhoA drives actin compaction to restrict axon regeneration and astrocyte reactivity after CNS injury“
in: CellPress, 3438 Neuron 109, 3436–3455, 3. November, 2021
Publikationstitel
Loss of TREM2 function increases amyloidseeding but reduces plaque-associated ApoE“
in: Nat Neurosci 22, 191–204, 7. Januar, 2019
Beschreibung der Publikation
„Alois Alzheimer identifizierte drei Hauptmerkmale der Krankheit: das Vorhandensein von Amyloid-Plaques und Tau-Verwicklungen sowie erhöhte Mikroglia-Immunzellen, die für die Zerstörung eindringender Krankheitserreger im Gehirn verantwortlich sind. Es wurde festgestellt, dass das Mikroglia-Gen TREM2 eine entscheidende Rolle bei der Aufrechterhaltung der Mikroglia-Reaktion bei Krankheitszuständen spielt. Unter Verwendung eines Amyloid-Plaque-Ablagerungs-Mausmodells der Alzheimer-Krankheit (AD) fand ich heraus, dass dieser Verlust der TREM2-Funktion die frühe Plaque-Akkumulation erhöhte, indem er die mikrogliale Clearance von Plaques verhinderte. APOE, der stärkste genetische Risikofaktor für AD, spielt eine wesentliche Rolle bei der Förderung der Plaquebildung, und seine Expression wird hauptsächlich in Astrozyten, einem weiteren Entzündungsregulator, berichtet. Meine Studien zeigten, dass APOE nicht nur in Mikroglia um Plaques induziert wurde, sondern auch bei TREM2-Mangel stark reduziert war. Dies legt nahe, dass therapeutische Strategien die TREM2-APOE-Wechselwirkung berücksichtigen müssen, da sie die Plaque-Clearance schützend modulieren kann, aber gleichzeitig die Amyloid-Pathologie verschlimmert.