Demenz verändert das Leben – sowohl das der Betroffenen als auch das ihrer Angehörigen. Vor allem die Kommunikation wird zunehmend schwieriger. Der intellektuelle Austausch, wie wir ihn gewohnt sind, funktioniert nicht mehr in gleicher Weise. Und dennoch: Es gibt viele Möglichkeiten, miteinander in Kontakt zu bleiben. Es braucht Achtsamkeit, Geduld – und manchmal auch etwas Mut, neue Wege zu gehen.
Langsamkeit zulassen
Menschen mit Demenz verarbeiten Informationen langsamer. Dies ist eine der zentralen Veränderungen im Krankheitsverlauf. Angehörige hingegen bleiben im gewohnten Alltagstempo. Die Folge: Während die betroffene Person noch nach Worten sucht, wird der Satz häufig bereits für sie ergänzt oder korrigiert oder die Person wird schlichtweg übergangen. Dabei ist es wichtig, das eigene Tempo bewusst zu drosseln. Geben Sie Ihrem Gegenüber Zeit. Sprechen Sie langsamer, machen Sie Pausen, warten Sie ab. Geduld ist hier mehr als eine Tugend – sie ist ein Schlüssel zur Verständigung.
Ruhig bleiben in der Hektik des Alltags
Hektik verwirrt Menschen mit Demenz und kann zu Rückzug oder herausforderndem Verhalten führen. Versuchen Sie, gemeinsame Aktivitäten in ruhiger Atmosphäre zu gestalten. Nicht „schnell noch etwas erledigen“, sondern sich Zeit nehmen – zum Beispiel beim Kochen, Spazierengehen oder Bilder anschauen. Wer selbst ruhig bleibt, gibt Sicherheit und Orientierung. Eine entspannte Umgebung wirkt oft mehr als viele Worte.
Mit Namen ansprechen
Damit Menschen mit Demenz wissen, dass sie gemeint sind, ist es wichtig, sie direkt mit ihrem Namen oder Kosenamen anzusprechen: „Karlheinz, hör mir kurz zu.“ Oder: „Renate, schau mal.“ Der eigene Name wirkt wie ein Anker – er schafft Orientierung und Aufmerksamkeit.
Zusätzlich hilft der Blickkontakt. Schauen Sie der Person direkt ins Gesicht, bleiben Sie präsent und freundlich. Erst wenn der Blickkontakt besteht, beginnt die eigentliche Botschaft. Das signalisiert: Du bist gemeint, ich bin bei dir. Es fördert die Verbindung und kann helfen, die Aufmerksamkeit aufrechtzuerhalten – ein wichtiger Schritt, um überhaupt in Kommunikation zu kommen.
Klare, einfache Sprache
Menschen mit Demenz haben zunehmend Schwierigkeiten, komplexe Sätze zu verstehen oder mehreren Informationen gleichzeitig zu folgen. Deshalb ist es wichtig, in kurzen, einfachen Sätzen zu sprechen. Verwenden Sie klare Begriffe und vermeiden Sie Nebensätze oder Umschreibungen. Packen Sie nur das Wesentliche in jeden Satz. Statt „Könntest du vielleicht bitte nachher das Licht im Badezimmer ausmachen, wenn du dort fertig bist?“ ist einfacher: „Mach bitte das Licht aus.“ Oder noch besser: „Renate, das Licht – bitte ausmachen.“
Auch hilfreich: Für jede Aufgabe oder Information nur einen Schritt nennen. Mehrstufige Anweisungen überfordern. Sprechen Sie langsam, deutlich und mit Pausen. Diese Struktur hilft dem Gegenüber, den Inhalt besser zu verarbeiten und verringert Verunsicherung.
Kommunikation ist mehr als Worte
Auch nonverbale Elemente spielen eine große Rolle: Ein Lächeln, eine sanfte Berührung, Musik, ein gemeinsames Lied oder ein gemaltes Bild können Brücken bauen. Kunst, Poesie, Berührungen und Gefühle eröffnen alternative Wege des Austauschs, wenn Worte nicht mehr greifen. Musiktherapie oder kreative Ansätze wie assoziativer Dialog oder Validation (Äußerungen, Handlungen und Sichtweisen des Menschen mit Demenz gelten lassen, für gültig erklären, sie nicht korrigieren oder an unserer Realität überprüfen) sind bewährte Methoden, um Menschen mit Demenz zu erreichen.
Mit Würde und Respekt begegnen
Der wichtigste Grundsatz: Nehmen Sie den Menschen ernst – in seiner Wahrnehmung, seinen Gefühlen und seinen Äußerungen. Auch wenn sie mit der Realität der „Gesunden“ nicht übereinstimmen. Ein 80-Jähriger, der das Kind aus dem Kindergarten holen will? Hinterfragen Sie nicht, warum das nicht stimmen kann. Fragen Sie stattdessen: „Erzähl mal, was machst du dann mit dem Kind?“ So begegnen Sie auf Augenhöhe und stärken die Selbstwahrnehmung.
Diese Haltung nennt man Validation. Es geht darum, die Welt des anderen gelten zu lassen – als das, was sie für ihn gerade ist: real. Sätze wie „Das stimmt doch nicht!“ oder „Das hast du doch gerade schon gefragt!“ verletzen und führen zu Frustration. Besser: Mitgehen, mitfühlen, offen sein.
Immer wieder dasselbe: Geduld statt Kritik
Wenn ein Mensch mit Demenz zum hundertsten Mal dieselbe Frage stellt, ist das keine Absicht – es ist Teil der Erkrankung. Auch wenn es schwerfällt: Jede Form von Kritik oder Maßregelung ist zu vermeiden. Freundliche Antworten, liebevolle Wiederholungen und ein verständnisvoller Ton sind notwendig, um Vertrauen und Geborgenheit zu vermitteln.
„Ich will nach Hause“ – Was steckt dahinter?
Solche Aussagen sind oft Ausdruck eines inneren Unwohlseins. Der Wunsch „nach Hause“ kann bedeuten: „Ich bin hier fremd“, „Ich fühle mich unsicher“, „Ich möchte zurück in eine Zeit, in der ich mich gut gefühlt habe.“ Statt mit Fakten („Du bist doch zuhause!“) zu antworten, hilft ein mitfühlender Dialog: „Erzähl mal, wie war es früher bei dir zuhause?“ oder: „Was brauchst du jetzt, damit du dich wohlfühlst?“
Fazit: Es gibt viele Wege – finden Sie Ihren eigenen
Es gibt nicht den einen richtigen Weg im Umgang mit Menschen mit Demenz. Methoden wie Validation, integrative Validation, Musiktherapie oder assoziativer Dialog bieten verschiedene Möglichkeiten. Probieren Sie aus, bleiben Sie offen, und achten Sie auf das, was gut funktioniert – für Ihren Angehörigen und für Sie selbst.
Der gemeinsame Nenner aller erfolgreichen Kommunikation: Wertschätzung, Geduld und Liebe.
Tipp zum Schluss:
Sprechen Sie mit Fachkräften, besuchen Sie Schulungen (https://breuerstitung.de/termine), vernetzen Sie sich mit anderen Angehörigen. Gemeinsam geht vieles leichter – auch das Verstehen.