Im Internet findet sich eine unüberschaubare Flut an Informationen. Das gilt auch für das Thema Alzheimer. Um Ihnen die Recherche nach weiterführenden Informationen rund um die Alzheimer-Erkrankung zu erleichtern, haben wir im Folgenden eine Übersicht über vertiefende und weiterführende Bücher (zu den Themen Selbsthilfe, Angehörigenhilfe, im Alltag begleiten, Körper und Ernährung, Demenz in der Gesellschaft, Leben/Wohnen mit Demenz, Comic/Humor/Kinder, Romane), interessante Zeitungs-, Zeitschriften- und Fachartikel sowie Videobeiträge von Experten, die allgemein verständlich sind und Kinofilme (Spiel- und Dokumentarfilme) rund um das Thema Demenz zusammengestellt. Die Auflistung hat selbstverständlich keinen Anspruch auf Vollständigkeit – sie soll lediglich dabei helfen, sich dem Thema zu nähern.
Selbsthilfe
Rohra, Helga: „Ja zum Leben trotz Demenz! Warum ich kämpfe“
Verlag: medhochzwei Verlag
ISBN: 978-3862162833
In ihrem Buch bietet die Autorin einen sehr persönlichen Einblick in die Welt eines mit Demenz diagnostizierten Menschen. Sie erzählt, wie sie im täglichen Umgang mit dieser Krankheit lebt und trotz allem bemüht ist, sogar Stärke aus der Demenz zu ziehen.
Demenz Support Stuttgart (Hrsg./Autor): „Ich spreche für mich selbst – Menschen mit Demenz melden sich zu Wort“ 2010
ISBN: 978-3-940529-54-1
Menschen mit Demenz sind nach landläufiger Vorstellung alt, pflegebedürftig und hilflos. Das ist ein völlig schiefes Bild. Es wird viel über Menschen mit Demenz gesprochen, aber wenig mit ihnen. Auch und gerade, wenn es um die Frage geht, wie sie unterstützt werden können. Das ist ein gesellschaftliches Armutszeugnis. In diesem Buch ergreifen Menschen mit Demenz das Wort. Sie artikulieren Wünsche und Forderungen, an das unmittelbare soziale Umfeld und an die Gesellschaft. Auch Stimmen aus Ländern, in denen bereits eine organisierte Selbstvertretung von Menschen mit Demenz existiert, wurden in den Band aufgenommen. Ein inspirierendes und aufrüttelndes Buch. Es wird seinen Beitrag leisten, dass zukünftig mehr Menschen mit Demenz mitreden, wenn es um ihre Belange geht
Christian Zimmermann/Peter Wißmann: „Auf dem Weg mit Alzheimer“
Verlag: Mabuse-Verlag; Auflage: 2., überarb. Aufl. (1. Oktober 2011)
ISBN: 978-3940529909
‚Gibt es ein gutes Leben mit Alzheimer? Aber ja!‘ Christian Zimmermann weiß, wovon er spricht: Er selbst lebt seit einigen Jahren mit der Diagnose. Mit Peter Wißmann, Geschäftsführer der Demenz Support Stuttgart, gibt er als erster Demenzbetroffener überhaupt in diesem Buch seine Erfahrungen weiter. In persönlichen Schilderungen, mit konkreten Tipps und vielen Anregungen zum Weiterdenken wenden sie sich an Menschen, die mit Alzheimer oder einer anderen Form der Demenz leben müssen.
Angehörigenhilfe
Jörn Klare: „Als meine Mutter ihre Küche nicht mehr fand. Vom Wert des Lebens mit Demenz.“
Verlag: Suhrkamp Verlag
ISBN: 978-3-518-46401-4
Erst verlegte sie ihre Brille, dann vergaß sie ein paar PIN-Nummern, schließlich fand Jörn Klares Mutter ihre Küche nicht mehr. Am Ende stand die Diagnose Demenz. Die Besuche im Heim werfen Fragen auf: Sind Erlebnisse nur dann etwas wert, wenn wir uns daran erinnern? Kann man seine Würde oder gar »sich selbst« verlieren? Und liegt in den Begegnungen im Hier und Jetzt nicht auch ein Trost? Bereits heute leben in Deutschland 1,3 Millionen Menschen, die von Demenz betroffen sind, 2050 werden es doppelt so viele sein. Jenseits der Klischees von grauen Heimen und überfordertem Personal sucht Jörn Klare nach anderen, weniger bedrückenden Sichtweisen auf diese immense gesellschaftliche Herausforderung. Ausgehend von den bewegenden Besuchen bei seiner Mutter, macht er sich auf den Weg zu Experten und Praktikern, zu Ärzten und Juristen, Philosophen und Altenpflegern. Mit ihnen spricht er über das Leben, den Tod und das, was dazwischen liegt.
Arno Geiger: „Der alte König in seinem Exil“
Verlag: dtv Verlagsgesellschaft (1. November 2012)
ISBN: 978-3423141543
Arno Geiger hat ein äußerst berührendes Buch über seinen Vater geschrieben, der trotz seiner Alzheimerkrankheit mit Vitalität und Klugheit beeindruckt. Im Alltag ist der Vater oft hellwach, aber seine Vergangenheit, sein Haus und seine Kinder hat er vergessen. Arno Geiger erzählt, wie er nochmals Freundschaft mit seinem Vater schließt und ihn viele Jahre begleitet. Er entdeckt, dass es auch mit der Krankheit bei seinem Vater noch alles gibt: Charme, Witz, Selbstbewusstsein und Würde. Ein lebendiges, oft komisches Buch, das von einem Leben erzählt, das es immer noch zutiefst wert ist, gelebt zu werden.
Huub Buijssen: „Demenz und Alzheimer verstehen: Erleben – Hilfe – Pflege: ein praktischer Ratgeber“
Verlag: Beltz; Auflage: 10 (1. Dezember 2016)
ISBN: 978-3407858627
Huub Buijssens Standardwerk erklärt, was Demenz ist, beschreibt den Verlauf der Krankheit und gibt Rat für den Alltag. Wie findet man Zugang zu Dementen, reagiert auf ihre Stimmungs- und Verhaltensprobleme? Und: Wie achtet man als Pflegender auf sich selbst in dieser herausfordernden Zeit? Zahlreiche Tipps helfen, den Umgang mit dem kranken Menschen würde- und liebevoll für alle zu gestalten. Dieses Wissen nimmt die Unsicherheit im Pflegealltag und bietet praktische Hilfen für ein ausgeglicheneres Miteinander. Literarische Beschreibungen und Selbstzeugnisse von Demenzkranken geben darüber hinaus seltene Einblicke in die Gefühlswelt der Betroffenen.
Inga Tönnies: „Abschied zu Lebzeiten: Wie Angehörige mit Demenzkranken leben“
Verlag: BALANCE Buch + Medien Verlag; Auflage: 3. (1. Juni 2009)
ISBN: 978-3867390071
Auf der Suche nach Literatur, die ihr bei der Bewältigung ihrer seelischen Belastung helfen könnte, stellte die Autorin – selbst Tochter einer an Demenz erkrankten Mutter – fest, dass die vorhandenen Bücher zum Thema Demenz stets den kranken Menschen ins Zentrum stellen. Also führte sie Interviews mit Familienmitgliedern von Demenzkranken und fragte sie nach ihren Erfahrungen – entstanden ist so ein Buch, das Angehörigen hilft, ihre Gefühle von Trauer und Hilflosigkeit, von Scham, Kränkung und Wut zu akzeptieren.
Wolfgang Meier/Jörg G. Schulz/Sascha Weggen/Stefanie Wolf: „Alzheimer & Demenzen verstehen – Diagnose, Behandlung, Alltrag, Betreuung
Verlag: TRIAS; Auflage: 2. Vollständ. überarb. (13. Juli 2011)
ISBN: 978-3830464419
Wenn ein Familienmitglied an Alzheimer oder einer anderen Demenzform erkrankt, ist der Schock bei den Angehörigen groß. Denn kaum eine andere Erkrankung wirft so viele Fragen über das weitere Leben auf wie der allmähliche Verlust des Gedächtnisses und der Persönlichkeit. Dieses Buch gibt Menschen in der schwierigen ersten Zeit Rat, Hilfe und Orientierung. Dafür stehen Deutschlands Top-Experten aus dem renommierten Kompetenznetz Degenerative Demenzen. Sie finden in diesem Buch:
– Diagnose und Behandlung: Wie eine sichere Diagnose gestellt wird, welche Möglichkeiten die moderne Medizin bietet, wie die Krankheit verläuft. Und wie Sie als Angehörige den Patienten unterstützen können.
– Alltag: Wie kann das Zusammenleben mit einem Demenz-Patienten gelingen? Lernen Sie die verschlossene Welt des Patienten besser kennen und geben Sie ihm mit vielen kleinen Hilfen Halt.
– Betreuung: Erfahren Sie alles über die vielfältigen Betreuungs- und Hilfsangebote, die Sie zur optimalen Pflege des Patienten, aber auch zu Ihrer Entlastung nutzen können.
Udo Baer/Gabi Schotte-Lange: „Das Herz wird nicht dement: Rat für Pflegende und Angehörige“
Verlag: Beltz; Auflage: 9 (16. Februar 2017)
ISBN: 978-3407859662
Demenz ist mehr als Gedächtnisverlust. Sie beeinflusst Gefühle, die gesamte Art, wie Menschen sich und ihre Welt erleben. Über ihr Herz können wir sie erreichen, wenn wir nur wissen, wie. Rücksichtsvoll, warmherzig und verständlich beschreiben Udo Baer und Gabi Schotte-Lange die Innenwelten von Demenzkranken. Obwohl sie uns zu entgleiten scheinen, gibt es Wege, mit ihnen in Kontakt zu treten, Wege auch, die es den Erkrankten möglich machen, ihre Würde zu behalten und weiterhin schöne Momente zu erleben. Ein Abschlusskapitel lenkt den Blick auf die Pflegenden und das, was sie zu ihrer eigenen Unterstützung brauchen.
Tilman Jens: „Demenz: Abschied von meinem Vater“
Verlag: Goldmann Verlag (19. Juli 2010)
ISBN: 978-3442156184
Mein Vater weiß heute nicht mehr, wer er ist.“ Walter Jens und die Reise ins Vergessen. Tilman Jens’ Buch ist die Chronik eines langsamen Abschieds des Sohnes vom geliebten und bewunderten Vater. Der Sohn berichtet von einem Lebensende, das so gänzlich anders verläuft, als sein Vater, der „Virtuose des Wortes”, der Anwalt eines selbstbestimmten Todes, erhofft hatte. Ein bewegendes Buch über Auslöser und Auswirkungen einer grausamen Krankheit.
Im Alltag begleiten
Swen Staack, Jochen Gust: „LEBEN statt therapeutischer Akrobatik“
Verlag: Schlütersche (30. Juni 2015)
ISBN: 978-3899933505
Was brauchen Menschen mit Demenz (wirklich)? Welche Maßnahmen helfen wem? Diesen Fragen gehen die Autoren dieses Buches nach. Sie untersuchen die zahlreichen Therapien und Produkte, die es derzeit auf dem Markt gibt und geben ihre Einschätzung dazu ab. Sie erachten die Vielzahl an Maßnahmen als wichtig, sehen einige zum Teil sehr teuer verkaufte Angebote jedoch äußerst kritisch und wenig bis gar nicht hilfreich, um den Bedürfnissen der Betroffenen gerecht zu werden.
Beate Wolf/Thomas Haubold: „Morgens, mittags, abends – Ein Bilder-Buch für die Biografiearbeit“
Verlag: Schlütersche
ISBN: 978-3899932874
Ältere Menschen erinnern sich gern an ihre Vergangenheit. In ihrer Pflege und Betreuung ist es wichtig, die biografischen Aspekte ihres Lebens zu kennen. Nur so kann eine wirkliche Begleitung gelingen. Beate Wolf und Thomas Haubold haben mit „Morgens, mittags, abends.“ ein Bilderbuch geschaffen, das an die alltäglichen Dinge des Lebens erinnert. In meisterhaften Illustrationen entsteht die Welt der 30er-, 40er- und 50er-Jahre in Deutschland: vom Aufstehen und Frühstücken über das Einkaufen und Zubereiten des Mittagessens bis hin zum Gärtnern am Nachmittag und zum wohlverdienten Feierabend. Dieses Buch bietet eine ideale Gesprächsgrundlage und eine Basis für Aktivierungs- und Betreuungsangebote mit Senioren. So finden auch Demenzbetroffene wieder einen Zugang zu scheinbar längst vergessenen Erinnerungen. Ein Buch für alle, die mit älteren Menschen umgehen: Angehörige, Ehrenamtliche und Pflegekräfte. Verschaffen Sie sich einen ersten Eindruck vom Buch und werfen Sie einen Blick in die Leseprobe (PDF-Dokument).
Ulrich Fey: „Clowns für Menschen mit Demenz. Das Potenzial einer komischen Kunst.“
Verlag: Mabuse Verlag
ISBN: 978-3863210151
Menschen mit Demenz zu pflegen ist anstrengend: Sie tun oft nicht, was man von ihnen möchte, widersetzen sich. Doch die Eigenwilligkeit der Alten hat ihre Geschichte und ist manchmal voller Komik. Der Autor Ulrich Fey hat sich als Clown auf Menschen mit Demenz spezialisiert. Er skizziert kurz die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen der alten Menschen und legt den aktuellen Forschungsstand zum Thema Demenz dar. Den Schwerpunkt des Buches bilden die Möglichkeiten und Grenzen des Clowns in der Begegnung mit verwirrten Menschen.
„Clowns für Menschen mit Demenz“ ist ein emotionales Sachbuch – mit Anregungen und Analysen für Professionelle in Alten- und Pflegeheimen, sowie pflegende Angehörige.
Weitere Informationen und Leseproben auf der Website www.clownsundmehr.de
Michael Ganß: „Demenz-Kunst und Kunsttherapie“ Künstlerisches Gestalten zwischen Genius und Defizit
Verlag: Mabuse-Verlag; Auflage: 2 (14. Dezember 2012)
ISBN: 978-3940529503
Menschen mit Demenz sind auf beeindruckende Weise in der Lage, sich durch künstlerische Arbeiten auszudrücken und dabei persönliche und künstlerische Entwicklungen zu vollziehen. Michael Ganß, der viele Jahre mit demenziell veränderten Menschen gearbeitet hat, zeigt in seinem Buch auf, wie kunsttherapeutische Begleitung beschaffen sein muss, um solche Entwicklungen zu ermöglichen. Dazu analysiert er sowohl Werke von „Berufskünstlern“, die im Alter an einer Demenz erkrankten, als auch Arbeiten der Menschen, die er selbst kunsttherapeutisch begleitet hat. Welchen Gewinn ziehen Menschen mit Demenz aus künstlerischem Gestalten? Verändert Demenz die künstlerische Arbeit? Ist die Kunst von Menschen mit Demenz „echte“ Kunst? – Michael Ganß hat ein Grundlagenwerk geschrieben, das differenziert und umfassend die Zusammenhänge zwischen Demenz, Kunst und Therapie beleuchtet.
Körper und Ernährung
Claudia Menebröcker/Jörn Rebbe/Annette Gross: „Kochen für Menschen mit Demenz“
Verlag: BoD – Books on Demand GmbH; Auflage: 1. Auflage (12. Januar 2010)
ISBN: 978-3833489358
Angehörige und Pflegekräfte sind oft auf sich allein gestellt, wenn sie mit dem veränderten Essverhalten demenzkranker Menschen konfrontiert werden. Die menschlich schwierige Situation wird noch verstärkt, wenn Mangelernährung und Austrocknung drohen. Das Buch hilft, den Lernprozess der Betreuenden entscheidend zu verkürzen und ihnen und den betroffenen Menschen manche Enttäuschung und manchen Rückschlag zu ersparen.Sie erklären einfühlsam und leicht verständlich das Essverhalten demenzkranker Menschen und zeigen auf, mit welchen – oft verblüffend einfachen – Mitteln die Betreuenden eine Esssituation schaffen können, die die Aufmerksamkeit des Betroffenen weckt, seinen Appetit anregt und ihm die größtmögliche Selbstständigkeit bewahrt. Schluckstörungen, erhöhter Energiebedarf, Essen ohne Besteck oder Ess- und Trinkhilfen – alle Themen werden ausführlich behandelt und im Rezeptteil berücksichtigt. Ansprechende Fotos appetitlich angerichteter Speisen machen deutlich, dass dabei die Lust am Essen nicht zu kurz kommen muss. Auszeichnungen: 14.10.09 Silbermedaille der GAD / 01.07.09 1. Preis bei den World Cookbook Awards.
Dr. Andrea Flemmer: „Demenz natürlich behandeln – Das können Sie selbst tun, So helfen Sie als Angehöriger“
Verlag: Schlütersche (4. Januar 2012)
ISBN: 978-3899936247
Demenz kann man auf natürliche Weise vorbeugen und das Leben mit der Krankheit leichter erträglich machen. Neben der notwendigen medikamentösen Therapie gibt es viele Möglichkeiten, die Geist und Körper auf sanfte und natürliche Weise stärken. Auch die richtige Ernährung und Heilpflanzen können sich positiv auf den Krankheitsverlauf auswirken. Andrea Flemmer hat alle sinnvollen alternativen Maßnahmen fachkundig recherchiert, kritisch geprüft und in diesem Ratgeber zusammengestellt. Dazu gibt sie kompetenten Rat und viele praktische Tipps.
Demenz in der Gesellschaft
Sabine Bode: „Frieden schließen mit Demenz“
Verlag: Klett-Cotta; Auflage: 1., (29. Oktober 2016)
ISBN: 978-3608961089
Der Angst vor Demenz – durch Horrorszenarien häufig zusätzlich geschürt – möchte die Journalistin Sabine Bode mit ihrem neuen Buch „Frieden schließen mit Demenz“ (EVT 29.10.2016) deutlich entgegentreten. Sie beschreibt eine gute und mögliche Zukunft trotz Krankheit und vollführt einen Perspektivwechsel: Sie bringt festgefahrene Ängste zum Einsturz und zeigt unzählige gute Ansätze und Mut machende Erfahrungen. Dieses Buch ist ein Plädoyer für ein Umdenken. Mehr Infos zum Buch finden Sie auf der Webseite des Klett-Cotta Verlags.
Peter Wißmann: „Nebelwelten. Abwege und Selbstbetrug in der Demenz-Szene“
Verlag: Mabuse-Verlag; Auflage: 1. Aufl. (31. März 2015)
ISBN: 978-3863212353
Demenz ist in aller Munde: Die Medien berichten regelmäßig. In der ‚Demenz-Szene‘ gären ständig neue Versorgungskonzepte, und die Forschung liefert Woche für Woche Meldungen über den angeblich bevorstehenden Durchbruch. Nun hat sogar die Regierung eine Allianz für Menschen mit Demenz gebildet. Könnte gar nicht besser laufen, oder? Doch, sagt Peter Wißmann. In den zurückliegenden Jahren ist zwar viel Positives erreicht worden. Dass das Thema Demenz ein Selbstläufer ist, hat aber auch zu krassen Fehlentwicklungen geführt: Ziele werden nur vage definiert, Interventionen erfolgen wirr und wenig durchdacht. Mit großer Geste wird gemacht, gemacht, gemacht – Hauptsache, das Gewissen ist beruhigt. Gute Ideen erschöpfen sich so leicht in schicken Phrasen und bequemen Ritualen. Auf der anderen Seite sind neue und alte Irrtümer auf dem Vormarsch: Menschen mit Demenz sollen in eine schöne neue Welt von Wohlfühl-Inseln einziehen, möglichst abgeschirmt vom Rest der Gesellschaft. Wenn sie tanzen, singen oder gärtnern möchten, dann bitte gut dokumentiert und mit therapeutischem Mehrwert. Schließlich sind sie vor allem krank und schließlich ist Demenz vor allem furchtbar. Aus vielen schlechten Ideen kann schnell ein gefährlicher neuer Mainstream entstehen. So kann es nicht weitergehen, sagt Wißmann, ein Insider mit jahrzehntelangem Erfahrungshintergrund. Mit seiner Streitschrift hält er der ‚Demenz-Szene‘ den Spiegel vor. Er benennt Fehlentwicklungen und zeigt Alternativen auf. Und: er lenkt den Blick wieder auf die Menschen, um die es bei dem Ganzen eigentlich gehen sollte. Aus dem Inhalt: Trennen und separieren Demenzdörfer und Co.; Lügen und betrügen – Die merken es doch nicht mehr; Therapie, Therapie, Therapie – Der evidenzbasierte Frohsinn; Qualitätsmanagement statt ‚quality time‘ – lässt sich Zuwendung verwalten?; Ehrenamt ja – aber nur, wie die Profis es wollen; Bunkermentalität und Korpsgeist – Wir sind doch die Guten!; Politik – die ewige Pflegereform?
Michael Schmieder/Uschi Entenmann: „Dement, aber nicht bescheuert – Für einen neuen Umgang mit Demenzkranken“
Verlag: Ullstein Taschenbuch; Auflage: 3. (23. Oktober 2015)
ISBN: 978-3548377100
Michael Schmieder leitet das Heim Sonnweid, das als eine der besten Pflegeeinrichtungen für Demenzkranke weltweit gilt. Sein erklärtes Ziel ist es, den Patienten ihre Würde wiederzugeben. Wenn wir die Kranken mit Medikamenten ruhig stellen, sie gar fixieren oder ihnen eine falsche Realität vorgaukeln, berauben wir sie ihrer Würde – selbst dann, wenn wir ihnen damit zu helfen glauben. Wenn wir sie hingegen ernst nehmen und auf ihre Ängste und Bedürfnisse eingehen, sehen wir sie als Menschen. Und darauf kommt es an.
Leben/Wohnen mit Demenz
Plemper, Burkhard: „… und nichts vergessen?!: Die gesellschaftliche Herausforderung Demenz“
Verlag: Vandenhoeck & Ruprecht; Auflage: 1 (10. September 2018)
ISBN: 978-3525711484
Demenz ist eine gesellschaftliche Herausforderung! Wir dürfen den Umgang damit nicht in die Pflegeheime verbannen und nicht in den Familien verstecken. Wir reden viel über Demenz. Mehr über Menschen mit Demenz als mit ihnen. Mehr über eine ungewisse Zukunft als darüber, was in der Gegenwart zu tun ist. Mehr über befürchtete Einschränkungen als über verbleibende Möglichkeiten. Allerorten wird die alternde Gesellschaft beschworen, wird das Bild einer zunehmend verwirrten und pflegebedürftigen Bevölkerung der Öffentlichkeit präsentiert, für die immer weniger Pflegepersonen bereitstehen werden, geschweige denn das Geld, sie als Dienstleister zu bezahlen. Burkhard Plemper setzt sich aus einem anderen Blickwinkel mit der Demenz auseinander. Er stellt gesellschaftliche Reaktionen in den Mittelpunkt. Der Soziologe lässt die Leser teilhaben am ersten öffentlichen Auftritt einer inzwischen bekannten Aktivistin, die ihr Pseudonym ablegt hat und nun offen mit ihrer Demenz umgeht, an der Verzweiflung und der Hoffnung des Juristen, der trotz der mitunter erdrückenden Fürsorglichkeit seiner Frau noch ein gutes Leben haben will. Eine Demenz weckt Ängste, vor allem, wenn keine Ursache erkennbar ist. Das macht das, was als Alzheimer bezeichnet wird, so unheimlich: die Furcht vor dem Kontrollverlust, vor Veränderung, gar Verfall der Persönlichkeit. Diese Angst gipfelt in der Aussage Lieber tot als dement , vor allem, wenn Symptome wie Verwirrtheit nicht erst in hohem Lebensalter auftreten. Wie leben Menschen mit Demenz und ihre Angehörigen? Demenz ist eine gesellschaftliche Herausforderung und geht alle an. Sie ist eine Aufgabe der Zivilgesellschaft. Burkhard Plemper stellt Mut machende Ideen vor und Mut machende Menschen, die sich ihrer Demenzstellen. Gemeinsame Sorge ist so viel mehr als Pflege.
Verena Rothe/Gabriele Kreutzner/Reimer Gronenmeyer: „Im Leben bleiben – Unterwegs zu Demenzfreundlichen Kommunen (Gesellschaft der Unterschiede)
Verlag: transcript; Auflage: 1 (16. September 2015)
ISBN: 978-3837629965
Wir werden immer älter. Gleichzeitig gibt es zunehmend Menschen, die mit Demenz altern und nur noch versorgt werden. Klar ist: Wir brauchen Alternativen zu den eingefahrenen Umgangsweisen. Was tun wir, um Orte zu schaffen, an denen wir im Leben bleiben können – statt nur am Leben? Wie können wir das Lebensumfeld von Menschen mit und ohne Demenz zu »menschenwärmenden Orten« machen? In Deutschland sind zahlreiche Initiativen im Aufbruch: Engagierte Menschen aus Politik, Kultur und Kirche sind auf kreative Weise unterwegs zu Demenzfreundlichen Kommunen. Die drei Autor/innen, eng vertraut mit dem Thema, zeigen Suchbewegungen, Stolpersteine und erste Lösungsansätze auf.
Sibylle Heeg/Katharina Bäuerle: „Heimat für Menschen mit Demenz“
Verlag: Mabuse-Verlag; Auflage: 2., (16. Dezember 2011)
ISBN: 978-3938304938
Am Beispiel ausgewählter Pflegeeinrichtungen aus Deutschland, der Schweiz, Dänemark und Finnland zeigen die Autorinnen dieser Publikation differenziert und detailreich, wie neue Wohn- und Betreuungskonzepte für Menschen mit Demenz baulich umgesetzt wurden, welche Grundrisstypologien sich bewährt haben und wie Innenraumgestaltung therapeutisch wirksam werden kann. Besonders wertvoll ist dabei die Dokumentation von positiven und negativen Nutzungserfahrungen, aus denen Empfehlungen für die Bauplanung abgeleitet werden können.
Chantal Louis: „Ommas Glück – Das Leben meiner Großmutter in ihrer Demenz-WG“
Verlag: FISCHER Taschenbuch; Auflage: 1. (26. Januar 2017)
ISBN: 978-3596035823
Die Großmutter von Chantal Louis ist sechsundachtzig Jahre alt und wohnt zum ersten Mal in einer Wohngemeinschaft. Genau wie ihre neuen Mitbewohner ist die Dame dement. Von den Erlebnissen ihrer „Omma“ und dem alltäglichen Leben von Menschen mit Demenz in einer Gemeinschaft, erzählt die Journalistin und Autorin Chantal Louis in ihrem neuen Buch. Emotional und mit Charme schafft es die Autorin ein Bild zu schaffen, das sowohl geprägt ist von jeder Menge positiver Erfahrungen und komischer Situationen, welches aber mindestens genauso sehr geprägt ist von großem Respekt vor den Menschen, die mit der Diagnose leben, als auch vor denen, die Tag für Tag versuchen, das Leben der Betroffenen zu unterstützen. Ein klarer Blick auf ein Thema, dem noch viel mehr Beachtung geschenkt werden sollte und ein „kleines Denkmal für Omma“.
Frank Hildebrandt: „Demenz verstehen in Farbe“
Verlag: medhochzwei Verlag; Auflage: 1. Aufl. (24. August 2018)
ISBN: 978-3862164875
Wie eine Schneekugel, die langsam den Berg herunterrollt so beschreibt Frank Hildebrandt, Kommunikationsdesigner und Autor des Buches „Demenz verstehen in Farbe“ das Fortschreiten der Krankheit Demenz. Anschaulich wird in der ersten Hälfte des Buches die Krankheit Demenz erklärt und auch, wie wir als Gesellschaft die Schneekugel Demenz zwar nicht stoppen, aber wichtige Winterdienste entwickeln können. Mit bunten Grafiken und bildhafter Sprache wird das Thema verständlich gemacht. Das Ergebnis: Jeder Leser kann sich ohne viel Aufwand ein klares Bild der Krankheit Demenz machen. Der zweite Teil des Buches steht Kopf. Dreht der Leser das Buch, befindet er sich im Themenbereich Design wieder. Der Autor stellt goldene Designregeln für ein lebenswertes Altern mit Demenz auf. Es geht besonders um die Gestaltung des Lebensraumes von Menschen mit Demenz. Dieser soll weniger kühl und distanziert sein, sondern wie ein Zuhause Geborgenheit ausstrahlen. Hierzu bezieht der Autor die Bewohner mit ein. Vorgestellt werden Projekte, in denen zum Beispiel aus den Unterschriften der Bewohner Wanddekorationen herstellt wurden oder mit mobilen Sitzmöglichkeiten experimentiert wurde. Durch das gesamte Buch zieht sich die Idee, sich durch den Humor und die Gelassenheit älterer Menschen inspirieren zu lassen und mit ihnen gemeinsam Demenz zu verstehen und passende Lebensräume zu gestalten.
Comic/Humor/Kinder
Peter Gaymann: „Demensch – Texte und Zeichnungen. Für einen menschenfreundlichen Umgang mit Demenz“
Verlag: medhochzwei Verlag (23. September 2015)
ISBN: 978-3862162246
Demenz und Humor: passt das? Ein viel zu ernstes Thema! Oder lebt ein menschenfreundlicher Umgang mit Menschen mit Demenz vom Humor? Demenz ist eine Daseinsform für viele Menschen. Wir müssen mit Demenz leben lernen. Hierin liegt vor allem eine kulturelle Herausforderung, davon sind der Sozialexperte und Gerontologe Prof. Dr. Thomas Klie und der Künstler und Cartoonist Peter Gaymann überzeugt. Sie haben zahlreiche Prominente aus Politik und Kultur eingeladen, das Thema in die Mitte der Gesellschaft zu rücken: eine Annährung – mit Texten und Zeichnungen.
Paco Roca: „Kopf in den Wolken“
Verlag: Reprodukt; Auflage: 1 (23. August 2013)
ISBN: 978-3943143713
Wenn seine Gedanken wandern, ist Emilio wieder der Leiter einer Bankfiliale, in Wirklichkeit aber verbringt der stille Pensionär seine Tage in einem Altersheim. Die Ausflüge in seine Vergangenheit sind Symptome der Alzheimerkrankheit, die Emilio vor den Ärzten und Pflegern so gut es geht zu verstecken versucht. Auf die Patienten, die sich nicht mehr selbst versorgen können, wartet nämlich die geschlossene Abteilung für demente Fälle – die letzte Station.Mit feiner Beobachtungsgabe, leisem Humor und viel Empathie blickt Paco Roca auf Menschen, die zumeist ein Leben abseits der allgemeinen Wahrnehmung fristen. „Kopf in den Wolken“ ist einer der erfolgreichsten spanischen Comics der letzten Jahre und wurde u.a. mit dem „Premio Nacional del Cómic 2008“ ausgezeichnet.
Ferdinand Lutz: „Rosa und Louis 1: Geisterstunde“
Verlag: Reprodukt; Auflage: 1. (1. September 2017)
ISBN: 978-3956401374
Was, wenn Oma sich nicht mehr erinnert? Wie erklärt man Kindern Demenz? Das neue Kinderbuch „Rosa und Louis“ von Ferdinand Lutz erzählt von zwei Geschwistern, die mit ihren Eltern in ein altes Schloss zu ihrer an Alzheimer erkrankten Oma ziehen. Dort lernen sie jede Menge Gespenster kennen, die nur die Kinder und nicht die Erwachsenen sehen können – und ihre Oma. Es ist eine (Geister-)Geschichte des Erinnerns, des Vergessens, der Liebe zwischen Kindern und ihrer Oma.
Ferdinand Lutz:
„Es ging mir darum, bei diesem zunächst niederschmetternden Thema – dem Verlust der (gemeinsamen) Erinnerungen und der damit einhergehenden Entfremdung – einen Dreh zu finden, wodurch die Beziehung zwischen Kind und Oma eine neue Ebene erreichen kann: Indem die Oma nun das kindliche, magische Denken teilt, ist etwas Neues entstanden, das die beiden verbindet. In meiner eigenen Familie wurde ich schon sehr früh mit dem Thema Alzheimer konfrontiert. Gerade bei Geschichten für Kinder ist mir immer wichtig, mehrere Sichtweisen auf ein und dasselbe Ereignis aufzuzeigen, um – in dem konkreten Fall – eben auch zu trösten: Eine Tür geht zu, eine andere geht auf.“
Martin Baltscheit: „Die Geschichte vom Fuchs, der den Verstand verlor“
Verlag: Beltz & Gelberg; Auflage: 3 (6. Februar 2018)
ISBN: 978-3407795588
Es war einmal ein alter Fuchs ohne Verstand.
Er wusste nichts und fühlte nur …
Voller Wärme, Behutsamkeit und Humor erzählt dieses Bilderbuch vom Schicksal des alten Fuchses, der sich eines Tages in der Welt, die einmal die seine war, nicht mehr zurechtfindet. Eine kluge und außergewöhnliche Geschichte über das Älterwerden und das Zusammenleben der Generationen.
Lars Ruppel/David Friedrich/André Hermann/u.w.: „Geblitzdingst – Slam-Poetry über Demez
Verlag: SATYR Verlag (22. August 2016)
ISBN: 978-3944035758
Nicht nur in Talkshows, Zeitungen und im Verwandtenkreis wird über Demenz gesprochen. In den letzten Jahren haben sich auch die Stars der Wortwettkämpfe diesem so schweren Thema angenommen und im Publikum für Gänsehaut und Lächeln gesorgt mit ehrlichen, komischen oder berührenden Texten. Slam Poetry über das wohl unsexyeste Thema der Welt: Demenz. Der mehrfache Deutsche Poetry-Slam-Meister Lars Ruppel engagiert sich seit Jahren mit seinem »Weckworte«-Projekt für Menschen mit Demenz. Die von ihm handverlesenen Texte bewegen und unterhalten, werfen Licht und Schatten und klingen so persönlich und wahr, wie nur Slam Poetry klingen kann. Dies sind Texte für Angehörige, Pflegekräfte und alle, die vergessen und nicht vergessen werden dürfen.
Beteiligte Autor/innen: David Friedrich, André Hermann, Lars Ruppel, Nicolas Schmidt, Livia Warch, Leah Dibah, Pierre Lippuner, Klaus Urban, Alexander Bach, Zita Lopram, Stefan Unser, Benjamin Baumann, Artem Zolotarov, Christine Teichmann, Nikolai Fritsche, Dominik Bartels, Anna Rau, Johannes Floehr, Björn Högsdal, Julian Heun, Eva Niedermeier, Elias Hirschl, Gary Glazner.
Stefan Merrill Block/Marcus Ingendaay: „Wie ich mich einmal in alles verliebte“
Verlag: DuMont Buchverlag; Auflage: 4 (19. Januar 2009)
ISBN: 978-3832180393
Ich liebte sogar Dinge an ihr, die normalerweise nicht als liebenswert gelten. Zum Beispiel ihre Zehen. Nicht nur die Füße, nein, auch die Zehen. Krumm und schief von Geburt an, aber für mich so schön wie die Zacken eines Diadems. Abel hat gleich zwei Probleme – er hat einen Buckel, und die Frau, die er liebt, ist mit seinem Bruder verheiratet. Als Mae eines Tages spurlos verschwindet, zerbricht Abels Welt. Die Jahre vergehen. Sein Bruder stirbt. Die Farm verfällt. Aber Abel gibt nicht auf. Er wird warten, bis Mae zurückkommt. Doch als es eines Tages endlich an seiner Tür klopft, steht dort nicht Mae, sondern ein Fremder. Stefan Merrill Blocks Debüt ist faszinierend vielschichtig. Es ist die Geschichte einer ganz großen Liebe und ein grandioser Familienroman. Stefan Merrill Block ist nichts weniger als ein tragikomisches Meisterwerk geglückt.
Lisa Genova: „Still Alice – Mein Leben ohne Gestern“
Verlag: Bastei Lübbe (Bastei Lübbe Taschenbuch)
ISBN: 978-3404271153
Als Alice erfährt, dass sie an der Alzheimer-Krankheit leidet, kann sie es erst gar nicht fassen. Sie ist doch erst fünfzig! Machtlos muss sie dabei zusehen, wie die Erinnerungen ihr mehr und mehr entgleiten. Wie soll sie sich in ihrem eigenen Leben zurechtfinden? Mit beeindruckendem Mut stellt sie sich einer Zukunft, in der vieles nicht mehr da ist und doch etwas bleibt: die Liebe.
John Bayley: „Elegie für Iris“
Verlag: dtv (Februar 2002)
ISBN: 978-3423129466
John Bayley erzählt von seinem Leben mit der bekannten Schriftstellerin und Philosophiedozentin Iris Murdoch, mit der er 43 Jahre verheiratet war. Die Ehe ist von einer vertrauensvollen Zuneigung und einer gelassenen Verbundenheit geprägt, die auch Entfremdung und Irritationen aushält. Schließlich erkrankt Iris. Konzentrationsfähigkeit und Gedächtnis lassen nach, sie wird panisch ängstlich. Aufopfernd und geduldig pflegt ihr Mann die Alzheimer-Patientin bis zu ihrem Tod im Jahr 1999. Eine zutiefst anrührende Geschichte von Vertrauen und Achtsamkeit, Tragik und Komik, Verlust und Trauer – und der wunderbaren Kraft der Liebe.
Margaret Forster: „Ich glaube, ich fahre in die Highlands“
Verlag: FISCHER Taschenbuch; Auflage: 11 (1. Oktober 1992)
ISBN: 978-3596108671
Mrs. McKay, von ihrer Familie liebevoll »Grandma« genannt, ist alt im bittersten Sinn des Wortes. Grandma leidet an Altersdemenz. Ein Leben lang hat sie für ihre Familie gesorgt, nun ist sie auf die Hilfe anderer angewiesen. Es sind die Frauen in der Familie der McKays, die einen großen Teil der Tag für Tag zu bewältigenden Aufgaben erledigen: Bridget, die unverheiratete Tochter und Krankenschwester, Jenny, die pflichtbewußte Schwiegertochter, und Hannah, die siebzehnjährige Enkelin. Die Männer gehen auf Distanz: Stuart, der Polizist, empfindet die Mutter als unzumutbare Belastung, während Charlie, der Börsenmakler, sich damit beruhigt, daß er die Miete für Grandmas Wohnung und die Pflegerinnen bezahlt. Als das mühsam geknüpfte Versorgungsnetz plötzlich reißt, weil eine Pflegerin kündigt, und die andere wegläuft und Bridget mit ihrem Freund Urlaub macht, lebt die alte Debatte um einen Heimaufenthalt wieder auf. Auch verschlimmert sich der Zustand der alten Frau und die Familie fühlt sich in ihren Bemühungen, Grandma nicht »wegzugeben«, schließlich überfordert.
Film
David Sieveking: „Vergiss mein nicht“
Produktionsjahr: 2012
Spieldauer: 92 Minuten
„Aus der Tragödie meiner Mutter ist kein Krankheits-, sondern ein Liebesfilm entstanden, der mit melancholischer Heiterkeit erfüllt ist.“
David Sieveking
Vergiss mein nicht ist ein Film über die Liebe – zwischen Mutter und Sohn, Eltern und Kindern, Mann und Frau. Vergiss mein nicht ist auch ein Film über Alzheimer-Demenz – eine Erfahrung, die viele Familien erschüttert und verändert. Vergiss mein nicht – persönlich, warmherzig, humorvoll und optimistisch.
David zieht wieder zu Hause ein und übernimmt für einige Wochen die Pflege seiner demenzerkrankten Mutter Gretel, um seinen Vater Malte zu entlasten, der sich seit seiner Pension vor fünf Jahren um seine Frau kümmert. Während Malte in der Schweiz für ein paar Wochen neue Kraft tankt, versucht sich David als Pfleger seiner Mutter. Mit dem Einverständnis der Familie dokumentiert er seine Zeit mit Gretel: David ist plötzlich Sohn, Betreuer und Dokumentarfilmer in einer Person. Seine Gegenwart und die Anwesenheit des Filmteams wirken erfrischend auf die Mutter, die endlich wieder Eigeninitiative entwickelt und neue Lebensfreude zeigt. Trotz ihrer zeitlich wie örtlichen Orientierungslosigkeit bleibt Gretel heiter und gelassen: Sie hält sich für eine junge Frau und David für ihren Mann Malte.
Michael Haneke: „Liebe“
Produktionsjahr: 2012
Spieldauer: 122 Minuten
Anne und Georges sind schon immer ein Paar, ihre Tochter führt schon lange ihr eigenes Leben. Immer noch sind sich die beiden in tiefer Liebe verbunden. Ihr perfekt eingespielter Alltag wird jäh unterbrochen, als Anne nach einem ersten Schlaganfall von heute auf morgen ein Pflegefall wird. Den Eheleuten wird schnell bewusst, dass es der Anfang vom Ende ist, dass sich Annes Zustand fortan nur noch verschlechtern wird. Weiterhin pflegt Georges seine große Liebe aufopferungsvoll, bis auch er an seine Grenzen geführt wird.
Sophie Rosentreter: „Ein Tag im Tierpark“
Erscheinungstermin: 14. Dezember 2018
Spieldauer: 46 Minuten
Unsere Filme sind speziell auf die Bedürfnisse von Menschen mit Demenz zugeschnitten. Sie wecken Gefühle und Erinnerungen und öffnen das Tor zur Innenwelt der Betroffenen. Die Filme rühren alle Sinne an und schenken Betroffenen und Angehörigen schöne gemeinsame Momente. In unserem Film Ein Tag im Tierpark begleiten wir zwei abenteuerlustige Mädchen im Alter von drei Jahren auf ihrer Entdeckungsreise durch den Tierpark. Da werden Johannisbeeren gepflückt, Hängebauchschweine und Ziegen gestreichelt, Rehe gefüttert und mit ihren Müttern ein Picknick im Grünen gemacht. Wir sehen die liebevollen Gesten einer Mutter, die ihr Kind streichelt und füttert, die Neugier und Zärtlichkeit der Mädchen beim Streicheln der Tiere oder die Freude beim Toben auf dem Spielplatz. Lassen Sie sich einfangen von der sorglosen, heiteren Stimmung, den zauberhaften Bildern und beschwingter klassischer Musik. Die Laufzeit des Films beträgt 46 Minuten und beinhaltet acht Kapitel. Diese können Sie einzeln anwählen oder den Film im Ganzen abspielen.
Expertengespräch Alterserkrankungen des Gehirns
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Roland Bergfeld, Vorstandsvorsitzender Hans und Ilse Breuer-Stiftung, Prof. Dr. med. Thomas Gasser, Vorstandsvorsitzender Hertie-Institut für Hirnforschung und Direktor für Neurologie Universität Tübingen, Monika Kaus, Vorstandsvorsitzender Deutsche Alzheimer Gesellschaft e.V. und Prof. Dr. Dr. h. c. Andreas Kruse Direktor Institut für Gerontologie Universität Heidelberg gaben in der von Julia Riedel (Teamleitung Kommunikation Hertie-Stiftung) moderierten Runde Einblicke über Herausforderungen und Perspektiven aus ihrem Kontext. Es wurde deutlich, dass unsere Gesellschaft in vielen Bereichen auf einem guten Weg ist, aber sehr viel zu tun ist und wie eng die Anforderungen zusammenhängen. Das 45-minütige Gespräch , fand als Veranstaltung der Hertie-Stiftung im Rahmen des Deutschen Stiftungstages 2016 in Leipzig statt.
Bildet und bewegt euch
Die Frankfurter Allgemeine Zeitung berichtet in einem Artikel über die Erkenntnisse einer neuen Langzeitstudie der Demenzforschung.
Eingedämmt, aber nicht gestoppt
Ein Beitrag auf Spiegel Online beschreibt Fortschritte in der Prävention von Demenzerkrankungen.
Alzheimer
Von Arvid Leyh
Vergesslichkeit ist nicht zwangsläufig der erste Bote einer Erkrankung. Doch sie sollte ernst genommen werden, vor allem wenn auch Orientierung oder Wortfindung nachlassen. Denn je früher die Diagnose, umso besser die Chancen. Hier ein Überblick.
Morbus Alzheimer – Hans Förstl
Die Alzheimer-Krankheit ist die häufigste Ursache von Demenz – die Nervenzellen werden geschädigt, das Gehirn kann nur noch auf seine Reserven zurückgreifen. Der Psychiater und Neurologe Hans Förstl ist Direktor der Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie des Klinikums rechts der Isar. Er zeigt den Stand der Forschung.
Diagnose Alzheimer – was für Angehörige jetzt wichtig ist
Von Stefanie Reinberger
In der Rückschau hat es sich ja angekündigt. So hat er ständig Sachen verlegt und die Nachbarn mit falschem Namen angesprochen. Aber dann diese Diagnose – der Arzt sagt, es sei Alzheimer! Was kommt jetzt auf Sie zu?
Wer sagt eigentlich, dass es Alzheimer ist?
„Wenn Sie mit der Information ‚Alzheimer‘ konfrontiert werden, sollten Sie hinterfragen, woher diese Aussage überhaupt kommt“, sagt Alexander Kurz, Leiter der Gedächtnissprechstunde der Technischen Universität München. Kurz warnt eindrücklich vor dubiosen Angeboten, bei denen man einfach Blutproben zum Schnelltest einschickt. Auch Selbsttests ersetzen nicht den Arztbesuch. Morbus Alzheimer zu diagnostizieren, gehört vielmehr in die Hände von Spezialisten, etwa in speziellen Gedächtnisambulanzen und sprechstunden, auch Memory-Kliniken genannt. Dorthin kann der Hausarzt überweisen. Organisationen wie die Deutsche Alzheimer Gesellschaft können Ihnen Spezialisten und Memory-Kliniken in Ihrer Nähe nennen.
Zeigt ein Mensch Anzeichen für Alzheimer, führen Fachärzte umfassende Untersuchungen durch: Neben der Krankheitsgeschichte, zu der auch Angehörige befragt werden, erfordert die Diagnose eine umfassende körperliche und geistige Untersuchung. Bei Analysen von Blut und Gehirnflüssigkeit fahnden Ärzte nach Hinweisen auf die Alzheimer-Erkrankung – oder darauf, dass eine andere, möglicherweise behandelbare Ursache für die Probleme verantwortlich ist. Bildgebende Verfahren können zusätzlich Aufschluss über bereits vorhandene Veränderungen im Gehirn geben. Für sich alleine sind sie jedoch nicht aussagekräftig.
Demenz – und jetzt?
„Oft wird den Patienten und ihren Angehörigen nicht in aller Konsequenz vermittelt, was die Diagnose Alzheimer bedeutet“, sagt Sabine Jansen, Geschäftsführerin der Deutschen Alzheimer Gesellschaft. Sie rät daher:„Informieren Sie sich genau, was auf Sie zukommen kann – das Leben mit einer Demenz ist sowohl für den Kranken als auch für die Angehörigen eine große Herausforderung.“ Auskunft zu allen Fragen rund um Alzheimer und das Leben mit einem demenzkranken Angehörigen geben beispielsweise die speziell geschulten Mitarbeiterinnen desAlzheimer-Telefons(030/259 37 95 14 oder 01803/171017).
Lassen Sie sich helfen
Jansens zweiter wichtiger Rat:„Suchen Sie sich Unterstützung – möglichst von Anfang an, und nicht erst, wenn Sie am Rande der Erschöpfung sind.“ Einen Demenzpatienten zu betreuen und später zu pflegen ist ein Fulltime-Job – oft über viele Jahre hinweg. Die Gefahr auszubrennen ist groß. Unterstützen können etwa professionelle Pflegedienste, die ins Haus kommen. Tagespflegeeinrichtungen entlasten Sie über mehrere Stunden, in denen Sie sich um Ihre eigenen Angelegenheiten kümmern können oder einfach mal frei haben.
Entlastung bringen auch freiwillige Helfer, etwa Nachbarschaftshilfen oder Helferkreise Alzheimer. Sie begleiten den Patienten etwa zu Ausflügen in die Stadt oder in den Tierpark und werden von den jeweiligen Organisationen so ausgewählt, dass sie zu Ihren Bedürfnissen und denen Ihres kranken Angehörigen passen„Ich erinnere mich, dass einmal ein junger Mann vermittelt wurde, der mit einem Demenzkranken joggen gegangen ist“, sagt Sabine Jansen. Einige örtliche Alzheimer-Gesellschaften oder andere soziale Einrichtungen organisieren zudem Freizeitveranstaltungen für Betroffene und ihre Angehörigen. Auskunft, welche Angebote Sie in Ihrer Nähe nutzen können, bekommen Sie beispielsweise über das Alzheimer-Telefon.
Vielen hilft es auch, sich mit anderen Pflegenden auszutauschen: Man ist in einer ähnlichen Situation, findet Verständnis und kann sich gegenseitig Tipps geben. Erkundigen Sie sich nach geeigneten Selbsthilfegruppen in Ihrer Nähe. Vielleicht möchten Sie aber auch lieber eine spezielle Schulung besuchen? Es gibt solche Angebote, bei denen Sie mit allen Aspekten der Krankheit vertraut gemacht werden, aber auch mit Strategien, wie Sie den Alltag mit dem Patienten meistern und selbst immer wieder auftanken können. Diese Schulung ist für Angehörige kostenlos und wird von der Pflegeversicherung finanziert.
Das Wichtigste in Kürze
- Die Diagnose Alzheimer gehört in die Hände von Spezialisten und bedarf einer umfassenden Untersuchung. Leben mit Alzheimer kann zu einer großen Belastung werden – für den Betroffenen, aber auch für die Angehörigen. Informieren Sie sich daher umfassend über die Krankheit und darüber, was auf Sie zukommt, wenn Sie sich entscheiden, Ihren Angehörigen zu pflegen.
- Die Krankenkasse übernimmt lediglich die Kosten für medizinische Behandlungen. Für Pflegekosten ist die Pflegeversicherung zuständig. Kostenübernahmen müssen beantragt werden und richten sich nach der bewilligten Pflegestufe. Unterbringungskosten im Heim sind Privatsache und müssen vom Betroffenen oder den Angehörigen selbst bezahlt werden.
- Die Betreuung und Pflege eines Alzheimer-Patienten ist ein Vollzeit-Job – oft über viele Jahre hinweg. Gerade deswegen ist es wichtig, dass Sie Hilfe annehmen und für Auszeiten sorgen, in denen Sie auftanken können.
Wer soll das alles bezahlen?
Zahlreiche Gerüchte und Schreckgespenster kursieren, wenn es um die Finanzierung der Pflege geht. Fakt ist: Ehepartner, Eltern und Kinder sind einander unterhaltspflichtig. Das heißt, Sie müssen beispielsweise für die Unterbringungskosten in einem Pflegeheim aufkommen. Wie tief Sie in die Tasche greifen müssen – und wann die Sozialhilfe einspringt – hängt nicht nur von der Wahl der Pflegeeinrichtung ab, sondern auch von Ihren persönlichen Lebensumständen und finanziellen Möglichkeiten. Für eine Berechnung wenden Sie sich am besten an eine soziale Beratungsstelle oder einen Pflegestützpunkt vor Ort. Um mögliche Kosten für Heim- oder Tagespflege im Vorfeld besser zu überblicken, hilft derPflegeplaner der Bertelsmann-Stiftung: http://pflegeplaner.weisse-liste.de
Die Krankenkasse übernimmt lediglich Kosten der so genannten Behandlungspflege, also etwa Medikamente oder die Wundversorgung. Pflegekosten – sowohl personell als auch Sachleistungen – sind ein Fall für die Pflegeversicherung. Diese übernimmt außerdem einen Kostenanteil, wenn die Hauptpflegeperson ausfällt, sowie bis zu einem gewissen Grad Kosten, die durch den Umbau in der Wohnung anfallen. Leistungen müssen beantragt werden und hängen von der Pflegestufe ab, in die der Patient anhand eines Gutachtens eingeordnet wird. Wie man den Antrag Schritt für Schritt stellt und was man dabei beachten muss, erklärt beispielsweise die Seitewww.pflege-abc.info.
Neu ist seit dem 1. Januar 2013, dass auch Demenzkranke ohne Pflegestufe Pflegegeld oder Unterstützung durch einen ambulanten Pflegedienst erhalten. So besteht ein Anspruch auf 120 Euro Pflegegeld oder 225 Euro Pflegesachleistungen. Auch Leistungen zur Anpassung der Wohnung und bei Ausfall der Pflegeperson gibt es bereits in der so genannten Pflegestufe Null.
Gelassenheit und Geduld
Der Alltag mit einem Demenzkranken wird Sie wahrscheinlich immer wieder an den Rand der Verzweiflung bringen. Der Betroffene verändert sich stark und taucht mehr und mehr in eine ganz eigene Welt ab. Vieles, was früher zum Alltag gehörte, ist nicht mehr möglich und vielleicht wird Ihr geliebter Partner oder Elternteil Sie eines Tages gar nicht mehr erkennen. Vielleicht wird er aggressiv oder beschuldigt Sie, ihn zu bestehlen. Machen Sie sich immer wieder klar: Das alles ist Ausdruck der Krankheit und nicht gegen Sie persönlich gerichtet. Versuchen Sie, gelassen zu bleiben, und akzeptieren Sie die Veränderungen – so helfen Sie Ihrem kranken Angehörigen, aber auch sich selbst am besten.
Denken Sie an sich selbst
Wichtig ist: Vergessen Sie bei all der Pflege und der Organisation rund um den Alltag mit Ihrem kranken Familienmitglied sich selbst nicht. Sorgen Sie für Auszeiten. Gehen Sie weiter Ihren Hobbys nach und pflegen Sie Ihre sozialen Kontakte – auch wenn Sie wegen der zeitaufwendigen Pflege sicher vieles einschränken müssen. Sorgen Sie dafür, dass in der Zwischenzeit jemand anderes einspringen kann. So könnte ein freiwilliger Helfer mit Ihrem Patienten spazieren gehen, während Sie selbst Sport treiben.
Eine weitere Möglichkeit aufzutanken, ohne den Kranken alleine zurücklassen zu müssen, sind betreute Urlaube. Sie verreisen gemeinsam, aber vor Ort besteht die Möglichkeit, dass Ihr Angehöriger während eines Teils der Zeit professionell begleitet wird. So sind Sie für ihn da, können in Ihrem wohlverdienten Urlaub aber auch mal wieder befreit durchatmen.
„Geben Sie keine Versprechen, die Sie nicht halten können“, rät Sabine Jansen außerdem.„Sagen Sie lieber: ‚Ich pflege dich, solange ich kann‘, statt sich mit einem ‚Ich gebe dich niemals ins Heim‘ selbst unter Druck zu setzen.“ Vergleichen Sie sich auch nicht mit anderen pflegenden Angehörigen. Jeder leistet, was er kann – gut oder schlecht gibt es nicht.
Und wenn Sie sich am Ende doch dazu durchringen, einen geliebten Menschen ins Pflegeheim zu geben, so kann das Ihrer Beziehung letztlich sogar zugutekommen.„Wir erleben oft, dass Angehörige durch die Entlastung und einen gewissen Abstand wieder viel besser mit dem Patienten umgehen und seine krankheitsbedingten Eigenheiten akzeptieren können“, sagt Jansen.„Dann können sie ihn zum Beispiel durch Besuche auch wieder unterstützen.“
Wie sag ich’s meinen Kindern?
Die Diagnose Alzheimer betrifft die ganze Familie. Da bleiben auch Kinder nicht außen vor. Sie bemerken, dass Oma oder Opa oder vielleicht auch die liebe Großtante sich verändern und irgendwie merkwürdig werden. Vielleicht finden sie es komisch, dass Opa plötzlich nicht mehr weiß, wie sie heißen. Oder dass Oma manchmal plötzlich anfängt, laut zu schreien und um sich zu schlagen.
Für Kinder, die in ihren Familien mit der Alzheimer-Demenz konfrontiert sind, hat die Alzheimer Forschung Initiative e.V. eine eigene Internetseite entwickelt. Hier erzählen die Kinder Katja und Max vom Leben mit ihrer demenzkranken Oma, und Comics erklären, was die Alzheimer-Krankheit überhaupt ist und was sie mit dem Gehirn macht. Außerdem können Kinder Bilder und Geschichten von ihren eigenen Erlebnissen mit dem kranken Familienmitglied einsenden (www.afi-kids.de ). Für Jugendliche, die Alzheimer verstehen und helfen wollen, gibt es die SeiteAlzheimer&You. www.alzheimerandyou.de
Zum Weiterlesen:
- Internetseite der Deutschen Alzheimer-Gesellschaft mit ausführlichen Informationen für Betroffene und Angehörige: www.deutsche-alzheimer.de
- Internetseite des Alzheimer Forschung Initiative e.V. mit zahlreichen Informationen für Betroffene und Angehörige: www.alzheimer-forschung.de
Patientenratgeber Alzheimer: Was Betroffene tun können
Von Stefanie Reinberger
„Ach, dieses Dings, wie heißt das noch gleich? Und was wollte ich eigentlich gerade tun?“ Sie sind seit einiger Zeit ganz schön vergesslich und unkonzentriert. Namen und Wörter fallen Ihnen nicht mehr ein, und ständig verlegen Sie Dinge. Vielleicht fällt es Ihnen aber auch schwer, sich in einer fremden Umgebung zurechtzufinden oder Sie irren sich öfter im Datum oder in der Tageszeit. Überhaupt fühlen Sie sich manchmal ganz schön überlastet.
Möglicherweise führen Sie solche „Aussetzer“ auf Stress im Alltag zurück. Sie behelfen sich mit kleinen Eselsbrücken oder Tricks, behaupten, Ihre Brille vergessen zu haben oder gerade in Eile zu sein, um Aufgaben zu vermeiden, die Sie möglicherweise nicht bewältigen können. Wir Menschen sind so – manches wollen wir nicht hören und wahrhaben, selbst wenn die Frage schon in uns rumort: Was, wenn es Alzheimer ist? Über diese Frage sollten Sie nicht lange alleine grübeln. Deshalb lautet der erste Rat:
Diagnose Alzheimer – und jetzt?
Die Diagnose ist in der Regel ein Schock. Schließlich handelt es sich bei Morbus Alzheimer um eine fortschreitende neurodegenerative Erkrankung (lesen Sie dazu auch den Artikel„Schleichend zum Vergessen“). Heilung gibt es bislang nicht und früher oder später werden Betroffene zum Pflegefall.
Die gute Nachricht: Sie können etwas tun! Geeignete Medikamente, aber auch nicht-medikamentöse Methoden wie Verhaltenstherapie, Musik- und Kunsttherapie können helfen.„Wir können Alzheimer zwar nicht heilen, aber durch geeignete Therapien das Fortschreiten des Krankheitsverlaufs verzögern und so die Lebensqualität entscheidend verbessern“, so Oswald. Besprechen Sie mit Ihrem Arzt, welche Therapieverfahren für Sie in Frage kommen.
Wichtig sei auch, nicht von heute auf morgen alles aufzugeben, sondern im Rahmen der eigenen Möglichkeiten aktiv und selbstbestimmt zu bleiben, rät Alexander Kurz.„Wenn Betroffene ihre Alzheimer-Diagnose in einem sehr frühen Stadium bekommen, stehen sie oft noch mitten im Leben, manchmal sogar noch im Beruf.“ (lesen Sie dazu auch den Artikel„Alzheimer von innen“.)
Das Wichtigste in Kürze
- Die Diagnose Alzheimer sollte immer von Fachleuten gestellt werden. Holen Sie sich gegebenenfalls eine zweite Meinung ein.
- Auch wenn die Diagnose ein Schock ist: Verkriechen Sie sich nicht. Informieren Sie Ihr Umfeld und bitten Sie um Hilfe.
- Wissen ist Macht: Informieren Sie sich über Ihre Krankheit, Behandlungsmöglichkeiten und Pflegeeinrichtungen und Hilfe im Alltag. So können Sie Ihr weiteres Leben aktiv und selbstbestimmt mitgestalten.
- Bleiben Sie aktiv, gehen Sie im Rahmen Ihrer Möglichkeiten Ihren Hobbys nach und ernähren Sie sich gesund. Das hilft, Körper und Geist in Schwung zu halten.
- Regeln Sie Ihre Angelegenheiten: Für Vorsorgevollmacht, Patientenverfügung und Ihr Testament brauchen Sie einen klaren Kopf. Kümmern Sie sich darum, solange es noch geht.
- Leben Sie Ihre Lebensträume – jetzt oder nie!
Bei Verdacht zum Arzt
„Eine frühzeitige Diagnose kann die Behandlungserfolge einer Demenzerkrankung verbessern“, sagt Demenz-Forscher Wolf D. Oswald von der Universität Erlangen-Nürnberg. „Deshalb sollten erste Zeichen ernst genommen werden.“ Eine ärztliche Untersuchung bringt Klarheit.
Bei anhaltenden Gedächtnis- und Konzentrationsproblemen wenden Sie sich am besten zunächst an Ihren Hausarzt. Er wird Sie gegebenenfalls an einen Spezialisten überweisen. Auch Gedächtnisambulanzen oder Gedächtnissprechstunden sind gute Anlaufstellen. Eine Liste solcher Einrichtungen stellt beispielsweise dieDeutsche Alzheimergesellschaft zur Verfügung.
Besteht der Verdacht einer Demenz, führen Fachärzte umfassende Untersuchungen durch. So lässt sich Alzheimer mit hoher Sicherheit feststellen – oder aber ausschließen. Denn möglicherweise sind andere Ursachen für Ihre Probleme verantwortlich – Ursachen, die sich im besten Falle gut behandeln lassen.
Doch„auch wenn Sie bereits mit der Diagnose Alzheimer konfrontiert wurden, kann es sinnvoll sein, sich an einen Spezialisten zu wenden und eine zweite Meinung einzuholen“, sagt Alexander Kurz, Leiter der Gedächtnissprechstunde der Technischen Universität München.
Informieren Sie sich
Wissen ist Macht: Wer über seine Krankheit Bescheid weiß, kann gemeinsam mit seinem Arzt und seinen Angehörigen Entscheidungen treffen – über die Behandlung, aber auch über Fragen des Alltags mit der Krankheit. Die Deutsche Alzheimergesellschaft bietet mit dem Alzheimer-Telefon professionelle Beratung rund um das Krankheitsbild, aber auch zu Behandlungsmöglichkeiten, Pflege und rechtlichen Fragen. Vielleicht möchten Sie sich auch mit anderen Betroffenen austauschen. Dann kann eine der zahlreichen Selbsthilfegruppen weiterhelfen.
Vergraben Sie sich nicht – nehmen Sie Hilfe an
„Die Diagnose Alzheimer betrifft nicht nur die kranke Person, sondern immer auch ihr soziales Netz“, sagt Kurz. Informieren Sie Ihr Umfeld über Ihre Krankheit und bitten Sie um Verständnis und Unterstützung. Nehmen Sie Hilfe an, wenn Sie im Alltag nicht mehr alles alleine bewältigen können. Nachbarschaftshilfen oder „Helferinnenkreise“ springen ebenfalls ein – Freiwillige, die Sie etwa bei Ausflügen in die Stadt begleiten oder mit Ihnen in die Oper gehen. Auch hier vermitteln Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Alzheimer-Telefons geeignete Kontakte.
Bleiben Sie aktiv
Moderater Sport, Spaziergänge an der frischen Luft, Kreuzworträtsel, Lesen, Kino, Oper, Gespräche mit anderen Menschen – all das hilft, Körper und Geist in Schwung zu halten. Machen Sie, was Ihnen Freude bereitet, aber setzen Sie sich nicht unter Druck.„Es hat keinen Sinn, verloren gegangene Fähigkeiten zu trainieren“, sagt Kurz.„Besinnen Sie sich lieber auf das, was noch geht, und gestalten Sie auf dieser Grundlage Ihr Leben.“ Vielleicht schaffen Sie sich eine klare Tages- und Wochenstruktur. Durch die Krankheit leidet oft die Eigeninitiative – Routinen und feste Termine können helfen, aktiv zu bleiben.
Essen Sie gut
Achten Sie auf gesunde, ausgewogene Ernährung und vor allem auf ausreichend Flüssigkeit. Das schützt das Gehirn vor zusätzlichen Schäden und hilft so, den Krankheitsverlauf etwas hinauszuzögern. Von übermäßig fetten Speisen und Zigaretten sollten Sie lieber die Finger lassen.
Machen Sie Ihren Alltag sicherer
Eine Reihe technischer Hilfsmittel hilft im Zweifel, den Alltag sicherer zu machen. So gibt es spezielle Sicherungen, die Herd und Bügeleisen ausschalten, bevor sie sich überhitzen und es zum Wohnungsbrand kommt. Lampen mit Bewegungsmeldern helfen, sich zu orientieren, wenn Sie nachts aufstehen müssen. Haltegriffe und Rutschsicherungen im Badezimmer schützen Sie ebenso wie Temperaturregler an Wasserhähnen, die Sie auf eine bestimmte Maximaltemperatur einstellen können.
Lassen Sie das Auto stehen
Auch wenn es schwer fällt, die eigene Mobilität einzuschränken: Lassen Sie das Auto stehen – selbst wenn Sie sich im Moment am Steuer noch sicher fühlen! Durch die Krankheit verlängert sich die Reaktionsgeschwindigkeit, und die Konzentrationsfähigkeit leidet. Irgendwann schaffen Sie es nicht mehr, schwierige Situationen zu überblicken.„Das gilt selbst in einem frühen Krankheitsstadium“, sagt Kurz. „Ich kann daher nur raten, sich Alternativen zum Autofahren zu suchen und den Führerschein abzugeben.“
Regeln Sie Ihre Angelegenheiten
Noch haben Sie die berechtigte Hoffnung, einige Jahre weitgehend selbständig zu leben. Aber was, wenn die Krankheit weiter fortschreitet und Sie Pflege benötigen? Wie wollen, wie können Sie versorgt werden? Sind Angehörige in der Lage, Sie zu betreuen? Kommt eher ein Pflegeheim in Frage oder eine betreute Wohngemeinschaft? Die Betreuungsfrage ist Typ-Sache und hängt stark von den persönlichen Lebensumständen ab. Bestimmen Sie selbst, wie Ihre Pflege künftig aussehen soll. Schauen Sie sich dazu nach Möglichkeit verschiedene Einrichtungen an.
Auch alle anderen wichtigen Lebensfragen sollten Sie jetzt regeln. Wer soll Entscheidungen in Ihrem Sinne treffen, wenn Sie eines Tages selbst nicht mehr dazu in der Lage sind? Wer soll Ihre finanziellen Angelegenheiten übernehmen, über medizinische Eingriffe entscheiden oder gegebenenfalls einen Platz im Pflegeheim auswählen? Welche medizinischen Maßnahmen wünschen Sie?
Wichtige Dokumente dafür sind die Vorsorgevollmacht und die Patientenverfügung. Musterschreiben für diese Dokumente finden Sie aufwww.alzheimerinfo.de unter dem jeweiligen Stichwort.
Mit der Vorsorgevollmacht bestimmen Sie eine Person Ihres Vertrauens, die Ihre Interessen vertritt – etwa bei Bankangelegenheiten – wenn Sie selbst es eines Tages nicht mehr können. Regeln Sie die Vorsorgevollmacht, solange Sie dazu noch in der Lage sind. Der Gesetzgeber verlangt, dass Sie bei der Regelung Ihrer Vorsorgevollmacht voll geschäftsfähig sind. Bei fortgeschrittener Demenz ist dies nicht mehr gegeben.
Mit der Patientenverfügung legen Sie fest, welche medizinischen Maßnahmen Sie wünschen – insbesondere wenn es am Lebensende um Intensivmedizin und lebenserhaltende Maßnahmen geht. Alexander Kurz rät: „Formulieren Sie Ihre Patientenverfügung detailliert. Dann sind Ihre Angehörigen in der Lage, in Ihrem Sinne zu entscheiden.“
Auch Ihr Testament werden Sie aufsetzen wollen. Wenn Sie einen Notar hinzuziehen, wird er dafür Sorge tragen, dass die Regelungen im Testament rechtlich einwandfrei und inhaltlich unmissverständlich sind.
Lebensträume: jetzt oder nie
Wie gesagt: Mit der Diagnose Alzheimer ist Ihr Leben noch lange nicht zu Ende. Und das ist gut so. „Wir erleben oft, dass die Diagnose Menschen trifft, die noch viel vorhatten“, sagt Alexander Kurz. Und er hat einen ganz praktischen Tipp:„Leben Sie Ihre Lebensträume – jetzt oder nie! Wahrscheinlich wird die Weltreise mit dem Partner holprig, aber bestimmt werden Sie sie trotzdem genießen.“
Zum Weiterlesen:
- Internetseite der Deutschen Alzheimer-Gesellschaft mit ausführlichen Informationen für Betroffene und Angehörige: http://www.deutsche-alzheimer.de
- Internetseite des Alzheimer Forschung Initiative e.V. mit zahlreichen Informationen für Betroffene und Angehörige: http://www.alzheimer-forschung.de
„Das zehrt an den Nerven“
Von Ragnar Vogt
Lange hat sie sich gewehrt, doch irgendwann ist Lejla Hodzic (Name von der Redaktion geändert) klar: So geht es nicht weiter – Papa kann nicht länger zu Hause bei Mama bleiben. Die Diagnose Alzheimer kam vor drei Jahren. Anfangs wechseln sie sich ab mit der Pflege: die Mutter, der Bruder und sie, Lejla.„Wann holst du den Kleinen aus dem Kindergarten?“, fragt der Vater und meint seinen Enkel, Lejlas Sohn. Sie sagt„um vier“, doch kurz danach stellt er dieselbe Frage wieder. Und wieder und wieder, alle fünf Minuten, und jedes Mal bekommt er eine Antwort.„Das zehrt an den Nerven“, erinnert sich Lejla Hodzic heute, drei Jahre später. „Ich konnte ja nach Hause gehen und hatte dort meine Ruhe, doch für meine Mutter endete es nie.“ Und dann die Sache mit den Schlüsseln: Vater hat Angst vor Einbrechern. Er versteckt ständig die Schlüssel und vergisst dann, wo. So sind sie immer auf der Suche nach den Schlüsseln.
Binnen weniger Tage baut der Vater noch mehr ab. Vor ein paar Monaten noch konnte er Lejla zu Hause besuchen, sie wohnt nur fünf Minuten vom Elternhaus entfernt. Doch nun findet er den Weg nicht mehr. Er bricht immer öfter zusammen, und wenn die Mutter mit ihm alleine ist, dann kann sie ihm nicht mehr hochhelfen, er wiegt 120 Kilo. Er weint viel. Nachts nässt er ein und manchmal kotet er auch ein.
Als der Vater die Diagnose Alzheimer bekommen hatte, war der Beschluss der Familie klar: Wir kümmern uns zu Hause um ihn, wir werden ihn nie weggeben! Sie stammen aus Bosnien, da kommt niemand in ein Heim. Die Familie kümmert sich, egal wie schwer es ist. Doch die Mutter, der Bruder und auch sie, Lejla, sind am Ende ihrer Kräfte. Sie beschließen nun doch: Der Vater muss in ein Pflegeheim.
Jugendstil statt Jugendherberge
„Viele Angehörige sind schon psychisch extrem erschöpft, bevor sie ihre Verwandten abgeben“, sagt Jörg Wellenkötter. Er leitet eineWohngemeinschaft für Demenzkranke in Berlin-Charlottenburg, nicht weit vom Ku’damm – dort, wo sich Bioläden mit gepflegten Cafés abwechseln und die Jahrhundertwende-Häuser besonders herrschaftlich aussehen. Eine ruhige, aber urbane Wohngegend. In einem dieser Häuser befindet sich im zweiten Stock, auch per Aufzug erreichbar, die WG.
Hohe Decken, Parkett, lange Flure, viel Licht. Die Möbel haben nicht die praktische Jugendherbergs-Anmutung in Fichte, die man sonst meist in sozialen Einrichtungen findet.„Unsere Bewohner können sich ihre Zimmer selbst einrichten“, sagt Jörg Wellenkötter. Das machen sie auch, mit Jugendstil-Schrank und Biedermeier-Sofa.
Das Wichtigste in Kürze
- Lejla Hodzic und ihre Familie wehren sich lange, den Vater, der an Alzheimer erkrankt ist, von zu Hause wegzuschicken. Erst als sie merken, dass sie die Pflege nicht mehr schaffen, treffen sie die Entscheidung: Vater kommt in ein Pflegeheim.
- Jörg Wellenkötter trifft eine andere Entscheidung: Als seine beiden Eltern an Alzheimer erkranken, gründet er zusammen mit seiner Schwester eine Demenz-WG. Dort soll mit den Kranken ganz anders umgegangen werden als in normalen sozialen Einrichtungen.
- Lejla Hodzics Vater ist im Endstadium der Alzheimer-Krankheit. Er muss künstlich ernährt werden, erkennt seine Lieben nicht mehr und kann nicht mehr sprechen. Die Tochter hofft auf das Ende seiner Leiden, sie betet für seinen Tod.
Jörg Wellenkötter hat zusammen mit seiner Schwester Karin diese kleine lichte Welt geschaffen, die auf den ersten Blick so gar nichts mit dem traurigen Stigma einer Demenz-Diagnose zu tun zu haben scheint. Ihr Vater und dann auch ihre Mutter erkrankten an Alzheimer. Erst kamen die beiden in ein klassisches Pflegeheim, doch die Kinder merkten, dass es ihren Eltern nicht gut tat. Und so trafen sie eine radikale Entscheidung: Sie suchten eine große Wohnung, gründeten die Demenz-WG. Dort zogen weitere Patienten ein, Pflegekräfte wurden eingestellt. Acht Demente können in der Charlottenburger Wohnung wohnen. „Wir wollten einfach für unsere Eltern ein gutes Zuhause schaffen“, sagt Jörg Wellenkötter. Der Vater blieb dort bis kurz vor seinem Tod –„er ist noch bis zuletzt herumgelaufen und hat Schokoladenkekse geklaut“ – und starb im Krankenhaus an Lungenentzündung. Jörg Wellenkötter sagt über seinen Vater:„Er hatte ein gutes Leben bis zuletzt, wir hatten einen schönen Abschied.“
Für die Betreuung der dementen WG-Bewohner orientieren sie sich an der Montessori-Pädagogik, ein Konzept, das vor 100 Jahren eigentlich für Kinder und Jugendliche entwickelt wurde: Sie sollen frei aus ihrer eigenen Motivation heraus lernen. Das Motto: „Hilf mir, es selbst zu tun.“ Diesen Ansatz übertragen die Wellenkötter-Geschwister auf die Pflege: „Bei uns wird niemand bedient, wir machen eine aktivierende Pflege“, sagt Jörg Wellenkötter. Die Alten bekommen nicht alles vorgesetzt, sie machen mit beim Kochen, Backen, Abräumen.„Wir geben ihnen das Gefühl, gebraucht zu werden – und das tut ihnen gut.“ Ihr Konzept ist erfolgreich, im November 2013 machen sie in Berlin-Friedenau eine zweite WG auf.
„Für mich ist er nicht mehr da, er ist bereits gegangen.“
Lejla Hodzic kennt die Demenz-WG zwar, sie ist sogar im Vorstand eines Montessori-Freundeskreises. Aber sie weiß, dass das für ihren Vater nichts wäre, er kommt in ein klassisches Pflegeheim.„Da gibt es liebevolles Personal, sie kümmern sich gut um ihn“, sagt sie. Zwei Jahre lang schreitet die Krankheit nicht fort – doch dann geht es schnell. Er verliert seine Sprache und erkennt immer seltener die Menschen um sich herum. Am längsten erinnert er sich an seinen Enkel. „Pile“ nennt er ihn immer, das heißt auf Bosnisch „Küken“.
„Es ist diese Hilflosigkeit, man kann nichts gegen die Krankheit machen, das tut weh“, sagt Lejla Hodzic mit Tränen in den Augen.„Für mich ist er nicht mehr da, er ist bereits gegangen.“ Manchmal ist sie wütend auf ihren Vater: Er hätte sich nicht so schnell aufgeben dürfen, er hätte mehr kämpfen sollen. Dabei sagt ihr der Verstand: Das hätte die Alzheimer-Krankheit nicht aufhalten können. Und sie ist traurig: Ihr Vater hat es als Gastarbeiter in Deutschland zu Wohlstand gebracht, doch nun kann er seine gute Rente nicht mehr genießen und seine anderen Enkel nicht mehr sehen: Lejla hat inzwischen zwei weitere Kinder bekommen, ihr Bruder ein Kind.
Mittlerweile schafft sie es nicht mehr, regelmäßig ihren Vater zu besuchen.„Mein Sohn kann es nicht ertragen, wenn ich weine.“ So geht sie nur noch alle zwei, drei Wochen hin.„Nur, wenn ich so stark bin, dass ich meine Trauer verbergen kann.“ Sein Aussehen hat sich stark verändert, er ist abgemagert, seine Kopfhaut schuppt. Meist fehlt ihm der Schluckreflex, er muss künstlich ernährt werden. „Wenn er für einen Augenblick klar wäre, dann wäre es eine Qual für ihn, sich so zu erleben“, sagt Lejla. Wenn sie ihn besucht, hört sie ihn oft schon im ersten Stock des Pflegeheims schreien, dabei liegt er im dritten Stock. Zum Schluss sagt Lejla Hodzic:„Ich bete jeden Tag zu Gott, dass er meinen Vater zu sich holt. Das wäre für ihn und für uns das Beste.“
„Ach ja, stimmt, Hühnchen.“
In der Demenz-WG ist gerade das Mittagessen vorbei. Die Mutter von Jörg Wellenkötter sitzt noch – wie auch fünf, sechs ihrer Mitbewohner und fast ebenso viele Pfleger – im großen Esszimmer. Der Sohn setzt sich neben sie und streichelt ihren Unterarm.„Wie geht es dir?“, fragt er. „Ich bin ganz zufrieden, und wenn du in meiner Nähe bist, dann geht es mir noch besser“, antwortet die Mutter.„Wie war das Essen?“„Es hat ganz gut geschmeckt. Das war…“ – sie wendet sich zum Pfleger:„Ich weiß gar nicht mehr, was das war, was war das?“ „Es gab Hühnchen“, sagt der Pfleger.„Ach ja stimmt, Hühnchen.“
Trotz dieser leichten Verwirrtheit macht die Mutter keinen unsicheren Eindruck. Sie wirkt, als würde sie in sich ruhen. Mit offenem, klarem Blick schaut sie ihren Sohn an.„Das kann auch umkippen, dann ist sie desorientiert und glaubt, ihr Mann lebt noch“, sagt Jörg Wellenkötter. Doch jetzt bespricht die Mutter mit dem Sohn ihren Plan für den Nachmittag: Sie wollen ins Café um die Ecke gehen.
Zum Weiterlesen
- Montessori-Demenz-WG: www.montessori-friends.de/pflegedienst/
- Deutsche Alzheimer Gesellschaft: www.deutsche-alzheimer.de
- Ratgeber für Angehörige und Betreuer von Alzheimerpatienten, herausgegeben der Universität Wien: www.meduniwien.ac.at/Neurologie/gedamb/alzh/default.html
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„Mein Vater“ (Spielfilm 2003); hier ein Trailer:
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„An ihrer Seite“ (Spielfilm 2006); hier ein Trailer:
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„Small World“ (Spielfilm 2010); hier ein Trailer dazu:
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„Für Dich dreh ich die Zeit zurück“ (Deutscher TV-Spielfilm 2017);
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„Das Dorf der Vergesslichen“ (Dokumentarfilm 2018); hier ein Trailer:
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„Das Leuchten der Erinnerung“ (Spielfilm 2018); hier ein Trailer:
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„Das innere Leuchten“ (Dokumentarfilm 2019); hier ein Trailer:
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„ROMYS SALON“ (Spielfilm 2019); hier ein Trailer:
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AFi-KiDS wissen mehr – Für Kinder und ihre Eltern
In vielen Familien erleben Kinder die Alzheimer-Krankheit ihrer Großeltern. Gerade für die ganz junge Generation sind die Symptome der Erkrankung oft nur schwer nachzuvollziehen. Deshalb bietet die AFI mit dem Kinderbuch „AFi-KiDS wissen mehr – Für Kinder und ihre Eltern“ altersgerechte Alzheimer-Aufklärung im Comic-Stil für Kinder ab fünf Jahren. Das Angebot ergänzt die Internetseite www.AFi-KiDS.de, die seit Mai 2010 online ist.
Das Vorwort zu „AFi-KiDS wissen mehr“ stammt von AFI-Botschafterin Okka Gundel. „Als Mutter von drei Kindern ist dieses Buch eine Herzensangelegenheit für mich. Gerade für Kinder ist es ganz schwer zu begreifen, was durch die Alzheimer-Krankheit passiert. Deshalb ist altersgerechte Alzheimer-Aufklärung auch so wichtig.“ Der TV-Moderatorin, bekannt aus der Sportschau und den Tagesthemen, wurde darüber hinaus eine ganz besondere Ehre zuteil: Sie ist mit einer eigenen Comic-Figur im Buch vertreten: „Meine älteste Tochter hat mich sofort erkannt. Das Schöne an so einer Comicfigur ist, dass sie einen irgendwie deutlich jünger macht“, sagt Okka Gundel.
„Ein anderes Jahr mit Oma Gisela“
„AFi-KiDS wissen mehr“ führt die jungen Leser alleine oder gemeinsam mit ihren Eltern auf 32 farbenfroh gestalteten Seiten an die Alzheimer-Krankheit heran. Die sprechenden Nervenzellen „Ping“ und „Pong“, die ihre Funktionsweise im Gehirn erklären, gehören genauso dazu wie die AFi-KiDS Katja und Max. Deren Geschichte „Ein anderes Jahr mit Oma Gisela“ bildet den Kern des Buches. Begleitet wird die Erzählung, in der die Alzheimer-Erkrankung von Oma Gisela auch das Leben von Katja und Max verändert, von spannenden „MachMit!“-Aufgaben. Diese sollen einen spielerischen Umgang mit der Alzheimer-Krankheit ermöglichen. Hier ist von einem Quiz, über Basteltipps bis zu einem Rezept für „Hirnis“ alles dabei.
Der Druck von „AFi-KiDS wissen mehr – Für Kinder und ihre Eltern“ wurde mit freundlicher Unterstützung von Schaab & Co. GmbH realisiert.
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