Bei der Alzheimer-Krankheit treten drei wesentliche Änderungen im Gehirn auf. Das Gehirn schrumpft, weil Nervenzellen absterben, und es treten zwei für die Krankheit typische Eiweißverklumpungen auch, die sogenannten Amyloid Plaques und die Tau-Fibrillenbündel. Diese Veränderungen werden durch mehrere molekulare Prozesse im Gehirn bewirkt, die sich über einen Zeitraum von 20 bis 25 Jahren erstrecken, bevor schließlich die ersten Symptome der Alzheimer Krankheit auftreten, insbesondere die Vergesslichkeit. Am Beginn der molekularen Prozesse steht die Bildung eines Eiweiß-Bruchstücks, das Amyloid b oder Ab genannt wird und durch zwei molekulare Scheren (sogenannte Sekretasen) aus einem noch größeren Eiweiß herausgeschnitten wird. Ab wird im menschlichen Körper ganz normal gebildet und ist nicht schädlich, weil es durch die zelluläre Müllabfuhr im Gehirn rasch beseitigt wird. Wenn wir älter werden, funktioniert die zelluläre Müllabfuhr oft nicht mehr so effizient, so dass die Menge an Ab im Gehirn ansteigt. Als Folge davon kann Ab Verklumpungen bilden, die wiederum Nervenzellen schädigen und dazu führen, dass auch das Tau Eiweiß Verklumpungen bildet. Im Laufe der Krankheitsentwicklung werden beide Verklumpungen immer größer, was zur Ausbildung der Amyloid Plaques und der Tau-Fibrillenbündel führt. Die initial kleinen Verklumpungen schädigen die Nervenzellen im Gehirn immer weiter, so dass es zu Entzündungsreaktionen und schließlich dem Absterben von Nervenzellen im Gehirn kommt. Wenn in bestimmten Bereichen des Gehirns ein größerer Teil der Nervenzellen geschädigt oder abgestorben ist, kommt es zum Auftreten der Alzheimer Symptome. Der hier geschilderte Ablauf der Krankheitsentstehung ist sehr gut durch experimentelle Daten belegt, unter anderem durch bildgebende Aufnahmen des Gehirns, durch Untersuchung der Hirnflüssigkeit und durch genetische Mutationen, die bei wenigen Menschen zu einer vererbten Form der Alzheimer Krankheit führen oder aber die Krankheit komplett verhindern.
Abbildung 1: Entstehung der Alzheimer Krankheit
Wann gibt es Medikamente gegen die Ursachen der Alzheimer Krankheit?
Derzeit können nur die Symptome der Alzheimer Krankheit, aber noch nicht die Ursachen behandelt werden. Bei der langen Phase der Krankheitsentwicklung (ca. 25 Jahre) wäre es besonders sinnvoll, frühzeitig, d.h. noch vor Beginn der Symptome, die Krankheitsentwicklung vorbeugend zu stoppen und damit die Alzheimer Krankheit zu verhindern. Für eine Vorbeugung bietet es sich an, die Bildung von Ab oder seine Verklumpung zu verhindern. Dies wird mit mehreren Medikamenten getestet.
Ein Ansatz ist es, mit Medikamenten die obere der beiden Scheren (b-Sekretase) zu blockieren und damit die Bildung von Ab zu verhindern. Da diese Medikamente die allererste Ursache der Alzheimer Krankheit bekämpfen, sind sie nicht mehr wirksam, sobald die Symptome der Alzheimer Krankheit auftreten, sondern müssen gezielt zur Vorbeugung eingesetzt werden. Neue Studien zur Vorbeugung sind geplant. Dabei ist es eine große Hilfe, dass mit bestimmten Hirnuntersuchungen bereits heute relativ gut vorhergesagt werden kann, wer in ein paar Jahren wahrscheinlich an der Alzheimer Krankheit erkranken wird und damit für eine vorbeugende Behandlung besonders gut geeignet ist.
Am weitesten vorangeschritten ist die Entwicklung der sogenannten passiven Impfung, bei der Antikörper gegen Ab per Infusion verabreicht werden und dafür sorgen, dass Ab effizient von der zellulären Müllabfuhr beseitigt wird. Eines dieser Medikamente, Aducanumab, wird möglicherweise schon 2020 zugelassen. Wenn es Alzheimer Patienten gegeben wird, wird dieses Medikament die Krankheit zwar nicht stoppen, aber den Verlauf verlangsamen, was für die Betroffenen ein großer Fortschritt ist. Möglicherweise kann dieses Medikament aber die Krankheit komplett verhindern, wenn es bereits vorbeugend verabreicht wird. Das wird jetzt in klinischen Studien geprüft.
Um die Alzheimer Krankheit effizient zu behandeln, nachdem sie bereits ausgebrochen ist, ist es wichtig, später in der Abfolge der einzelnen Krankheitsschritte in Abbildung 1 einzugreifen. Hier werden derzeit Medikamente entwickelt, die die Tau Verklumpungen verhindern oder entfernen oder die ungewollten Entzündungsreaktionen im Gehirn unterdrücken. Bis diese Medikamente zugelassen werden, wird es jedoch noch mehrere Jahre dauern.